Veganismus gegen den Klimawandel? – Interview mit einer veganen Studentin

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Viola Hobbie Ressortleiterin Gesellschaft & Politik

„Oh, okay – also ich esse auch wirklich sehr wenig Fleisch“ ist die Reaktion vieler, wenn Rosa erzählt, dass sie sich vegan ernährt. Rosa ist 20 Jahre alt, studiert an der TU München Bioinformatik und lebt seit knapp 2 Jahren vegan, seit 6 Jahren vegetarisch. Sie erklärt: „die Leute haben schnell das Gefühl sich rechtfertigen zu müssen, wenn sie erfahren, dass ich vegan bin – dabei mache ich niemandem einem Vorwurf, der sich dafür entscheidet, sich nicht vegan zu ernähren“

Trotzdem fragen sich immer mehr junge Menschen: Was spricht für einen veganen Lebensstil und sollte ich mich schlecht fühlen, wenn ich Fleisch esse? Immer mehr Influencer schwärmen davon, man hat beinahe das Gefühl es handele sich um den neusten Trend. Ein Einblick in das Leben einer Veganerin.

Wie kam für dich die Umstellung von vegetarisch auf vegan?

„Nach dem Abi, also vor 2 Jahren, habe ich mir mal genauer Gedanken darüber gemacht, woher eigentlich mein Käse kommt, woher meine Eier – und dann fing es langsam an, dass ich zur veganen Ernährung umgestiegen bin. Ich habe generell versucht, mich mit meinem Konsum auseinanderzusetzen und inwiefern ich damit meine Umwelt verändere. Man stößt schnell auf Videos von Menschen, die vegan leben und über die Missstände aufklären oder auch auf Websites von Organisationen wie Peta und Co., in denen man erfährt, wie schlecht es den Tieren geht. Ich mag Tiere, deswegen bin ich Vegetarierin geworden und deswegen will ich auch keine Tiere quälen. Das nimmt man bei einer Milch aus dem Supermarkt leider meist immer in Kauf.“

Musst du irgendwas Ergänzendes nehmen?

„Wenn du vegan isst, fehlt dir eigentlich nichts. Du brauchst vor allem Proteine – die kriegst du auch über Pflanzen. Außer Vitamin B12, das durch ein Bakterium auf der Erde hergestellt wird. Die Tiere nehmen dies übers Grasen auf. Allerdings kriegen Tiere in unserer heutigen Industrie dieses Vitamin B12 meist über Tabletten zugeführt, also ist es egal, ob ich die Tablette nehme oder das Tier.“

Was hat vegane Ernährung mit Nachhaltigkeit zu tun?

„Ein veganer Lebensstil trägt auf alle Fälle zur Nachhaltigkeit bei, es gibt viele Studien, die das belegen. Du verbrauchst weniger Rohstoffe und weniger CO2. Als Veganer macht man sich einfach mehr Gedanken darüber, woher die Nahrung kommt, dementsprechend sind viele vegane Produkte ja auch Bio. Trotzdem heißt vegan nicht gleich nachhaltig. Wenn ich zum Beispiel jede Menge Avocados aus Südamerika esse, ist das auch nicht super für die Umwelt. Ich bin der Meinung, man kann auch ohne vegane Ernährung sehr nachhaltig leben.“

Was bedeutet Nachhaltigkeit für dich?

„Sich Gedanken zu machen, inwiefern mein Konsum meine Mitmenschen und die Natur beeinflussen. Man sollte immer im Kopf haben, egal was ich kaufe, es hat immer einen Effekt – entweder einen positiven oder einen negativen – und meistens eben einen negativen. Beim Kauf von Billigfleisch nehme ich in Kauf, dass dafür der Regenwald abgeholzt wird, dass Arbeiter aus Osteuropa zum Hungerlohn arbeiten, dass Tiere leiden und ziemlich viel COin die Atmosphäre gestoßen wird. Während der Kauf einer Zucchini oder Aubergine aus der Region meist unter besseren Bedingungen und mit weniger CO2-Ausstoß einher geht.“

Was ist dein Nachhaltigkeitstipp?

„Die Ernährung! Die Massentierhaltung hat eine höhere CO2-Emission als der Verkehr auf der ganzen Welt, es würde schon verdammt viel ausmachen, wenn die Menschen weniger Fleisch essen würden. Man muss nicht gleich vegan werden, auch für mich war es ein schwerer Schritt, weil ich Käse wirklich gemocht habe. Ein wirklich großer Faktor ist auch darauf zu achten, woher die Klamotten kommen, die man kauft und unter welchen Bedingungen sie produziert werden. Wir leben alle in einer großen Blase und bekommen viel nicht mit. Man will sich oft auch gar nicht damit auseinandersetzen, obwohl es wirklich wichtig wäre. Ich will mich hier auch nicht als Moralapostel aufspielen, jeder muss das für sich selbst entscheiden. Veränderung kommt nur, wenn man es selbst auch will. Ich versuche, Leute aus meinem Umfeld einfach zu informieren, wenn sie sich dafür interessieren. Wenn man sich einmal damit auseinandersetzt, geht das meiner Meinung nach schon in die richtige Richtung.“

Ist vegan auch immer gleich teuer?

„Als Veganer versucht man häufig auch seine Lebensmittel Bio oder Fairtrade zu kaufen, das ist natürlich teurer. Wenn man darüber nachdenkt, müsste es aber eigentlich sehr günstig sein, weil man sich ja nur pflanzlich ernährt. Durch unsere absurde Lebensmittelindustrie ist das meist nicht der Fall, aber man kann sich auch günstig vegan ernähren. Zum Beispiel wenn man sich kein Soja-Schnitzel gönnt, sondern einfach in der Gemüseabteilung bleibt.“

Hast du das Gefühl, Veganismus ist zum Trend geworden?

„Ich denke gerade durch die großen Debatten zum Thema Klimawandel schon irgendwie, den Menschen wird einfach bewusster, woher ihre Nahrungsmittel stammen. Sie setzen sich intensiver mit der ganzen Thematik und dem Konsum auseinander.“

Stört es dich, wenn Leute in deinem Umfeld nicht vegan sind?

„An sich natürlich überhaupt nicht – der Mensch ist ein Gewohnheitstier, die Umstellung zur veganen Ernährung ist nicht einfach. Ich vertrete eigentlich die Einstellung leben und leben lassen, aber dann gibt’s Zeiten, in denen ich mir wieder ein paar Dokumentationen zur Tierhaltung anschaue und mich über die Ignoranz der Menschen ärgere. Haustiere werden teilweise vergöttert, als wären sie die eigenen Kinder – aber dass Millionen Tiere am Tag sterben, interessiert nur wenige. Das verstehe ich einfach nicht!“

Vermisst du irgendwas nicht Veganes?

„Nein, tatsächlich nicht. Am Anfang ja, weil man den Geschmack von Käse zum Beispiel noch kennt, aber irgendwann weiß man nicht mehr genau wie der schmeckt, dann tut es der vegane Käse auch.“

Findest du das mit den veganen Ersatzprodukten nicht irgendwie ein bisschen merkwürdig, veganer Käse, Soja Schnitzel und Co., künstlich zusammengemischte Produkte, die etwas nachahmen wollen – weil es einem dann als Veganer doch fehlt?

„Ich finde, es ist eine gute Unterstützung zum Umstieg auf den Veganismus, weil du dir eben doch vielleicht noch ein Käsebrot machen willst, weil es zu deiner Routine gehört. Ich finde es gut, wenn es Leuten dadurch leichter fällt, auf vegane Ernährung umzusteigen. Für mich ist so ein Soja Schnitzel auch einfach lecker, gebe ich zu, also ich finde es nicht schlimm.“

Funktioniert vegane Ernährung im Urlaub?

„Ich mache manchmal schon Ausnahmen – nicht in jedem Land gibt es ein Angebot an veganen Gerichten. Ich bleibe dann vegetarisch, zum Urlaub gehört es meiner Meinung nach dazu, in die Kultur einzutauchen und Essen ist nunmal ein großer Teil davon. Ich will das dann schon auch ein bisschen Mitnehmen und drücke auch mal ein Auge zu, wenn es nicht vegan ist.“

Hast du sonst irgendwelche Veränderungen durch vegane Ernährung bemerkt?

„Ich war ja schon vorher lange vegetarisch, deswegen habe ich jetzt keine extremen Veränderungen wahrgenommen. Ich würde aber schon sagen, dass meine Haut besser geworden ist – und meine Verdauung.(lacht)“

Rosas Empfehlung:

Blog zu veganen Gerichten: https://www.onegreenplanet.org/