8. Türchen: Ein Essay über die Kommerzialisierung von Weihnachten

Der Tannenbaum ist geschmückt, darunter liegen die mühevoll eingepackten Geschenke, während sich die Lebkuchenherzen auf dem Teller stapeln und Weihnachtslieder durch das Radio trällern. Weihnachten ist das Highlight jedes Winters, wenn die Dunkelheit des Dezembers durch helle Lichterketten, süßen Glühwein, Familienbesuch, gutes Essen und die vielen Weihnachtsmärkte mit ihren Ess- und Handwerksständen, durchbrochen wird. Deshalb heißt es jedes Jahr aufs Neue: Weihnachten – die schönste Zeit des Jahres.

Doch diese schöne Zeit kostet. Die durchschnittlichen Ausgaben für Weihnachtsgeschenke liegen 2022 bei 520,40 Euro. Dazu kommen noch die Kosten für den Weihnachtsbaum, die Anfahrtskosten, um Verwandte zu besuchen, das Weihnachtsessen und Weihnachtsmarktbesuche. Ein Preis, den gerade zur jetzigen Zeit, in der die Heizkosten und Lebenshaltungskosten erheblich gestiegen sind, nicht jeder zahlen kann. Doch der gesellschaftliche Druck ist hoch, obwohl Weihnachten ein christliches Fest ist und die Liebe im Vordergrund stehen sollte, steigt unser Konsum zur Weihnachtszeit am stärksten an. Die Werbung für mögliche Weihnachtsgeschenke läuft auf Hochtouren und Angebote wie Black Friday bieten die perfekte Möglichkeit, um auf ein Mal so viele Weihnachtsgeschenke zu kaufen wie möglich. So geben Kunden im Jahr 2022 etwa 120,3 Milliarden Euro im deutschen Einzelhandel aus. Am beliebtesten sind bei den Deutschen Gutscheine und Geldgeschenke, welche eher unpersönliche und kommerzielle Geschenke sind.

Wäre es nicht schöner, stattdessen mehr der eigenen Zeit oder Geschenke, die mit Bedacht und aufgrund gemeinsamer Interessen ausgewählt worden sind, zu verschenken? Denn der übermäßige Konsum macht nicht nur unseren Geldbeutel unglücklich. Das ständige Überlegen, für wen noch welches Geschenk eingekauft werden muss, führt dazu, dass viele Menschen während der Weihnachtszeit schlechter gelaunt sind als sonst. 

Kein Wunder, die Erwartungshaltung daran, dass Weihnachten perfekt ist, bildet sich automatisch, nachdem man in der kurzen Weihnachtszeit selbst viel Geld ausgegeben und stressige Stunden mit dem Weihnachtseinkauf gefüllt hat. Vor lauter Planung bleibt die Weihnachtsstimmung auf der Strecke und schneller als man schauen kann, ist der ganze Weihnachtszauber auch schon wieder vorbei.

Um uns, unseren Geldbeutel, aber natürlich auch der Umwelt, die durch Massen an Geschenkpapier und Online-Bestellungen leidet, einen Gefallen zu tun, lohnt es sich deshalb, innezuhalten und sich selbst zu fragen: Macht mich meine jetzige Beziehung zu Weihnachten glücklich?

Falls nicht, bietet es sich an, sein eigenes Konsumverhalten zu verändern. Schenken ist schließlich eine Geste und kein muss, auch wenn auf sie nicht ganz verzichtet werden möchte. Wenn man merkt, dass die eigenen Geschenke einen nicht glücklich machen, kann sich auch darauf geeinigt werden, nichts Materielles zu verschenken. Stattdessen kann gemeinsame Zeit verschenkt werden, wie zusammen einen Weihnachtsmarkt besuchen, Weihnachtsdekoration basteln oder einfach zusammen Weihnachtsfilme schauen und Plätzchen backen.

Natürlich werden trotzdem Kosten entstehen, aber die gemeinsame Zeit mit der Familie und Freunden, mit liebevoll durchdachten Aktivitäten und weniger, aber dafür bedeutsameren Geschenken, die man sich wirklich wünscht, wird erfüllender sein als ein Stapel zerrissenes Geschenkpapier und ein Haufen Geschenke, die weder Inhalt noch lang anhaltende Freude bringen. Weihnachten soll schließlich die schönste Zeit im Jahr sein und nicht nur die teuerste.