Von Quarterbacks und Touchdowns – Ein Einstiegsguide in den American Football

Kommenden Sonntag ist es wieder soweit: Das größte Einzelsportereignis der Welt, der Super Bowl, stellt nicht nur aus sportlicher Sicht das Endspiel der laufenden Football Saison dar, sondern ist als Event ein Medienspektakel, welches Augenpaare weltweit nach Minneapolis (Minnesota) blicken lässt, wo beim Spiel der New England Patriots gegen die Eagles aus Philadelphia ein neuer Champion Football-Amerikas gekrönt wird. Grund genug um einen kurzen Blick auf eine Sportart zu werfen, die zwar seit ein paar Jahren hierzulande immer beliebter wird, die allerdings anfangs etwas sperrig und kompliziert erscheint. Ganz so kompliziert ist es aber gar nicht.

 

Der Grundgedanke des Spiels ist denkbar amerikanisch: Auf einem Spielfeld mit einer Länge von 120 Yards und einer Breite von 52 Yards (1 Yard entspricht etwa 91 Zentimetern) versuchen zwei Teams über unterschiedliche Spielzüge Raum zu erkämpfen, um dann in eine Position zu gelangen, in der Punkte erzielt werden können. Das Team mit den meisten Punkten nach Ablauf der Zeit gewinnt. Gespielt wird 60 Minuten reine Spielzeit, was bedeutet, dass die Begegnung bei Unterbrechungen (wenn beispielsweise Punkte erzielt wurden, wenn ein Spieler mit Ball über die Seitenlinie läuft oder wenn sich jemand auf dem Feld verletzt) angehalten wird. Die Hälfte dieser 60 Minuten stellt dann je eine Halbzeit dar (unterbrochen durch eine Halbzeitpause), deren 30 Minuten dann nochmals in zwei Viertel mit 15 Minuten geteilt werden. Beide Teams verfügen über drei Timeouts pro Hälfte. Diese werden benutzt, um einen anstehenden Spielzug erneut zu überdenken und anzupassen oder um zu verhindern, dass das Gegnerteam durch geschickte Auswahl an Spielzügen die Uhr herunterlaufen lässt, sodass man keine Zeit mehr übrig hat, um einen möglichen Rückstand noch aufzuholen.

Dies ist möglich, da es beim American Football ein Angriffsrecht gibt: obwohl sich wie beim Fußball jeweils 11 Spieler gegenüberstehen, hat nur immer eine Mannschaft das Recht den Ball zu führen, um damit potenziell Punkte zu erzielen. Der jeweilige Mannschaftsteil, der versucht Punkte auf die Anzeigentafel zu bekommen heißt Offense. Angeführt wird sie vom Quarterback, der mitunter wichtigsten Position im American Football. Der Quarterback ist der Spielmacher der Mannschaft, der an allen offensiven Aktionen beteiligt ist. Eine Position, an die ein großes Maß an Prestige gebunden ist, die jedoch auch große Verantwortung auf den eigenen Schultern tragen muss. Der Quarterback muss seine Offensive auf dem Feld koordinieren, auf die gegnerischen Aufstellung reagieren und daraufhin die eigene anpassen, sowie natürlich den Ball an seine Mitspieler verteilen.

Dies geschieht dann in den zwei grundsätzlichen Spielkonzepten: dem Laufspiel oder dem Passspiel. Eine ideale Gewichtung gibt es hierbei nicht; jedes Team muss ein eigenes Offensiv-Konzept abhängig von den vorhandenen Spielern finden. Auch Kombinationen und angetäuschte Varianten sind möglich. Dennoch ist immer Vorsicht geboten: beim Laufspiel kann das Angriffsrecht dann wechseln, wenn ein Spieler der Offensive den Ball fallen lässt (oder dieser ihm aus den Armen gerissen wird) bei einem sogenannten Fumble. Setzt der Quarterback zum Pass an, so kann dieser auch von einem Gegner in der Luft abgefangen werden (Interception). Auch hier verwirkt man das eigene Recht auf den Ball. Beide Fälle stellen Turnover dar und sollten unbedingt vermieden werden.

Bei jedem Spielzug wird der Ball an dem Ort platziert, wo der unmittelbar vorhergegangene Spielzug endete. Der Center, eine Position, die den zentralen Platz in der offensiven Reihe vor dem Quarterback einnimmt, übergibt oder wirft den Ball (ein sogenannter Snap) nun in gebeugter Position durch seine Beine nach hinten, wo der Quarterback bereitsteht. Beim Laufspiel übergibt er das Spielgerät an seinen Runningback (ein Ballträger), der in der Regel in seiner Nähe steht. Der Runningback versucht nun eine Lücke in der gegnerischen Aufstellung zu finden, um mit dem Ball im Arm möglichst viele Yards zu überbrücken.

Bei einem Passspielzug sind vor allem die Wide Receiver der Offense gefordert. Diese sind Passempfänger, die Passrouten auf dem Feld ablaufen, welche vorher im Spielzug exakt festgelegt wurden. Somit geben sie ihrem Quarterback Anspielstationen über kurze, bis hin zu langen Distanzen. Auch die Position des Tight End ist berechtigt einen Pass zu fangen. Der Tight End bewegt sich von seiner typischen Statur irgendwo zwischen den schnellen Wide Receivern und den massiven Spielern der O-Line und übernimmt somit Aufgaben wie dem Pässe fangen, aber auch als Blocker für seine Mitspieler. Damit der Quarterback jedoch auch genug Zeit hat einen Pass zu werfen, muss er vor den heranstürmenden Verteidigern geschützt werden. Für diese Aufgabe ist Offensive Line zuständig. Diese reiht sich vor dem Snap in einer Linie direkt gegenüber der verteidigenden Defensive Line auf.

Die Verteidiger müssen (genauso wie die Offense) eine Sekunde bevor der Ball gesnappt wird völlig stillstehen, setzen danach aber alles daran, das gegnerische Laufspiel zu stoppen und den Ballträger zu tackeln, den Quarterback an einem präzisen Pass zu hindern oder ihn sogar noch vor der Ausführung des Passes zu Boden zu bringen. Unterstützt werden sie bei dieser Aufgabe von den Linebackern, die meist etwas hinter der D-Line stehen. Komplettiert wird die Defense einer Mannschaft durch die Cornerbacks, welche die gegnerischen Wide Receiver decken und verteidigen müssen und den Saftetys, die in einer Art der Libero-Position die letzte Instanz vor der eigenen Endzone (der letzte Abschnitt an Rasen an den jeweiligen Enden des Spielfelds) darstellen.

Denn das Erreichen der Endzone ist das Ziel einer jeden Offense. Der Lohn hierfür: ein Touchdown. Der geneigte Student mag mit dem Begriff „Touchdown“ seine ganz eigenen Erfahrungen verbinden – wahlweise durchaus positive, manchmal etwas (einem Zustand der gehobenen Erheiterung geschuldet) unklare. In beiden Fällen aber als flüssige Form der guten Laune beim abendlichen Feiern. Beim American Football stellt der Touchdown die beste Art der Punkteerzielung dar. Sechs Punkte werden dem eigenen Konto gut geschrieben, wenn man den Ball in die gegnerische Endzone befördert. Ob der Ball über die Linie gelaufen wird oder erst ein Pass in die Endzone sicher gefangen wird – die Art und Weise ist hierbei egal, solange der jeweilige Spieler die Kontrolle über den Ball beim Lauf oder beim Fangen des Passes behält.

Wird ein Touchdown erzielt, so hat die angreifende Mannschaft zwei Optionen zur Wahl: entweder wird der Ball erneut genau zwei Yards vor die Endzone gelegt und die Offense versucht erneut in eben diese zu gelangen. Two-Point Conversion nennt sich dies. Bei Erfolg gibt es dafür zwar keine sechs, aber immerhin weitere zwei Punkte. Der Haken an der Sache: man hat nur einen einzigen Versuch hierfür. Die andere (und wesentlich geläufigere) Variante ist der Versuch, einen Extrapunkt zu kicken. Hierfür kommt der Kicker des Teams auf das Feld. Dies ist ein Spieler, der sich auf das präzise Kicken des Balls über die unterschiedlichsten Distanzen spezialisiert. Und jetzt wird auch klar, dass die zwei horizontalen Stangen an den Spielfeld-Enden mehr als eine rein dekorative Funktion haben. Schafft es der Kicker den Extrapunkt durch die beiden Stangen zu befördern, so wird ein weiterer Punkt dem Konto gut geschrieben.

Allerdings wird es nicht jeder Offense immer gelingen einen Touchdown zu erzielen. Dafür sorgt eine weitere Regel im Spiel: das Angriffsrecht wechselt nämlich dann, wenn man eine Distanz von 10 Yards nicht innerhalb von vier Versuchen (Downs) überbrückt. Gelingt dies, so stehen vier weitere Downs zur Verfügung um die nächsten zehn Yards zu überbrücken. Sollte man nach dem dritten Versuch die restliche Distanz für ein neues First Down nicht überbrückt haben, so wird der vierte Versuch oft nicht mehr ausgespielt. Hat man nämlich auch beim vierten Versuch keinen Erfolg, so erhält das Gegnerteam den Ball an diesem Punkt, was abhängig von der aktuellen Feldposition fatale Folgen haben kann.

Deshalb wir der Ball in einer solchen Situation gepuntet. Beim Punt kommt ein Spieler auf das Feld, der sich einige Yards hinter der O-Line positioniert um dann den nächsten Snap zu erhalten. Den Ball fängt er dann mit den Händen, lässt ihn nach unten fallen und schießt ihn dann (ähnlich wie bei einem Abschlag eines Torhüters im Fußball) möglichst weit in die gegnerische Hälfte. Dort wartet bereits ein Gegenspieler, der den Ball am Ende seines Flugs auffängt und ihn wiederum möglichst weit nach vorne trägt. Befindet sich der Ball jedoch nach dem dritten Versuch in aussichtsreicher Distanz zum gegnerischen Goal Post, so darf sich der Kicker an einem Field Goal versuchen. Das Prinzip ist genauso wie beim Extrapunkt: setzt er den Ball zwischen die Stangen, gilt der Kick als erfolgreich. Dafür gibt es dann drei Punkte.

 

Die Grundzüge des Spiels sind somit erklärt. Etwas komplexer wird es dann, wenn man über das Regelbuch im American Football spricht. Lauscht man dann noch den Experten, wenn diese verschiedene Spielzüge analysieren, so fällt es dem Laien schwer auch nur ansatzweise zu folgen. Dies ist aber auch nicht nötig, denn American Football ist nicht nur ein sehenswertes Event, sondern auch ein Sport, der von großen Emotionen lebt und somit auch ohne tiefgreifende Expertise sehr unterhaltsam ist. Wie praktisch, dass man den eigenen Zugang zum Football bereits kommenden Sonntag finden könnte, wenn dann ein gewisses Spiel im TV übertragen wird. Und wie das mit dem Touchdown funktioniert sollte jetzt ja auch klar sein.

 

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