Klimawandel, Fachkräftemangel und Inklusion? – Eine Podiumsdiskussion zum Thema Inklusion

Anmerkung: Der Artikel wurde bewusst in kurzen Sätzen und einfacher Sprache verfasst, damit auch Menschen mit Beeinträchtigungen sich über die Podiumsdiskussion informieren können.

Am Abend des 05.05.2023 lud der Verein Gemeinsam Leben und Lernen in Europa e.V. zu einer Podiumsdiskussion im Cineplex Passau ein. In zwei Diskussionsrunden stellten sich die Kanditat:innen des Bezirkstags und des Landtags dem Thema Inklusion. Anlass hierfür war der am gleichen Tag stattfindende Europäische Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen.

Moderiert wurde der Abend von Perdita Wingerter und Christian Moritz. Perdita Wingerter ist Mitbegründerin und aktuelle Geschäftsführerin des Vereins. Christian Moritz ist bei einem Autounfall vor 11 Jahren erblindet und engagiert sich im Verein. Möglich ist das nur durch die Initiative des Vereins: „Die Dinge auch mal anders zu machen.“ So erzählt Perdita Wingerter in einem Interview, dass Menschen mit Beeinträchtigungen sich in kleinen Gruppen im Verein gesellschaftlich engagieren können. Die Norm ist das nicht. Viele Einsatzstellen trauen sich das nicht zu. Doch welche großartigen Möglichkeiten der Begegnungen durch dieses Engagement entstehen können, zeigt die organisierte Podiumsdiskussion. Vor allem Christian Moritz ist anzusehen, wie glücklich ihn sein Engagement macht. Wie viel Herzblut in diesem Abend steckt, wird insbesondere bei der Liste der Podiumsteilnehmenden deutlich.

So sind an dem Abend folgende Poltiker:innen anwesend: Jürgen Dupper (SPD), Stefanie Auer (Bündnis 90/Die Grünen), Urband Mangold (ÖDP) und Elisabeth Lindinger (Freie Wähler) für den Bezirkstag. Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU), Agnes Becker (ÖDP), Christian Flisek (SPD), Toni Schuberl (Bündnis 90/Die Grünen) und Christian Lindinger (Freie Wähler) für den Landtag.

 

In der ersten Runde der Podiumsdiskussion stellen sich die Teilnehmenden der Frage, was Inklusion bedeutet. Moderator Christian Moritz definiert Inklusion damit, dass „alle Menschen bei allem Mitmachen können“. Die Podiumsteilnehmenden erhalten die Aufgabe, diese Definition anhand spezifischer Themen weiter auszugestalten.

Für Agnes Becker (ÖDP) bedeutet Inklusion in der Schule, dass Schüler:innen mit und ohne Beeinträchtigungen in gleichen Klassen unterrichtet werden. Möglich soll dies sein, durch eine zweite Lehrkraft und kleinere Klassen. Jedoch ist die Umsetzung aus ihrer Sicht schwierig, aufgrund des herrschenden Fachkräftemangels an Schulen. Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU) betont im weiteren Verlauf des Abends, dass es für solche Vorhaben speziellere, sonderpädagogische Ausbildungen an den Universitäten benötige.

Doch wenn wir von Expertenwissen sprechen, braucht es nicht nur mehr Leute und speziellere Ausbildungen in den Fachbereichen. Darüber hinaus braucht es auch bessere Ausbildungsbedingungen. Wie schwer es ist, trotz einer Beeinträchtigung seinen Traumberuf zu verfolgen, erzählt Katharina Lindinger (Freie Wähler) in einem kurzen Gespräch nach der Podiumsdiskussion. Sie hat ein Studium im Verwaltungswesen absolviert und ist kleinwüchsig. In einer Prüfungssituation ging ihr häufig die Kraft in der Hand aus, weshalb sie einen Nachteilsausgleich beantragte. Die hierfür zuständige Person hat sie zunächst zurückgewiesen.

Der Grund: Der Antrag sei nicht nachvollziehbar. 

„Bei einem Blinden würde sie es verstehen, aber nicht bei einer Person mit Kleinwüchsigkeit.“

Solche Aussagen sind keine Einzelheit. So erzählt Christian Lindinger (Freie Wähler und Vater von Katharina):

Das größte Problem sind die Köpfe der Menschen. Wichtig ist, dass die Menschen offener mit dem Thema umgehen können. – Denn Inklusion geht alle etwas an!

Das wird insbesondere deutlich, als die Podiumsteilnehmenden in der zweiten Runde die konkreten Pläne ihrer Partei zur Umsetzung von Inklusion vorstellen. Denn plötzlich geht es um alltagspolitische Themen wie Klimawandel und Fachkräftezuwanderung aus dem Ausland.

So sagt Elisabeth Lindinger (Freie Wähler): „Inklusion heißt auch, dass man sich am Klimaschutz beteiligen kann.“ Hierfür braucht es einen barrierefreien Öffentlichen Nahverkehr und einen Ausbau dessen auf dem Land. Toni Schuberl (Bündnis 90/Die Grünen) fügt hinzu: „Eine Teilhabe an Freizeitaktivitäten muss auch ohne zusätzliche Hilfe funktionieren.“ Auch hierfür braucht es wieder einen Ausbau von Bus und Bahn.

Auch beim Thema Fachkräftemangel im Bereich der Pflege von Menschen mit Beeinträchtigungen hat Toni Schuberl eine klare Antwort: „Auch hier ist die Fachkräftezuwanderung aus dem Ausland, [wie beispielsweise bei der Pflege von Senioren], ein Teil der Lösung.“ Was hierbei klar wird? Inklusion ist kein Nischenthema. 

Oder wie Christian Flisek (SPD) zutreffend formuliert:

Inklusion sollte keine Zusatzfunktion sein. Wir müssen das Thema von Anfang an [bei alltagspolitischen Entscheidungen] mitberücksichtigen.

Im Anschluss wurde der Film „die Goldfische“ gezeigt. In der deutschen Komödie geht es um Menschen mit Beeinträchtigungen, die gemeinsam in einer Reha-Klinik wohnen. Gemeinsam begeben sie sich auf ein unvergessliches Abenteuer, um Geld aus der Schweiz nach Deutschland zu schmuggeln.