Diamond Island – Der Mythos der Moderne

Wenn man nie in Kambodscha gewesen ist, könnte man denken, es bestehe einzig und allein aus der Tempelanlage Angkor Wat, dem Terrorregime der Khmer Rouge und vielleicht noch Prostitution. Das ist der Horizont, der für das Land gesetzt wird. Mord, Todschlag und exotische Tempel verschaffen offensichtlich Quote.

Dadurch wird oft vergessen, wie viel komplexer das Land ist. Ein Land, das zwischen Armut und dem Traum von Mehr schwebt.

Dieses Gefühl der Sehnsucht wird vermutlich nirgends greifbarer, als auf Diamond Island. Zwischen dem kleinen Jahrmarkt und der Baustelle der Gated Community „Elite Town“ tummelt sich zu jeder Tageszeit ein Querschnitt durch die kambodschanische Gesellschaft, als würde man hoffen, der ganze Prunk könnte ein wenig abfärben. Der Regisseur Davy Chou zeigt dieses andere Kambodscha in seinem Drama „Diamond Island“.

Der junge Bora zieht in eine Baustelle auf der Insel und trifft dort seinen deutlich wohlhabenderen Bruder nach langer Zeit wieder. In seinem Versuch sich ihm anzunähern, entfernt er sich jedoch immer weiter von seinen Freunden auf der Baustelle. Er steht vor der Entscheidung eines wohlhabenden Lebens mit seinem Bruder, der verspricht ihn mit nach Amerika zu nehmen und seinen Wurzeln in der unteren Einkommensschicht.

Man merkt dem Film die Vertrautheit des Regisseurs mit Dokumentationen an. Teils geht die Geschichte in den vielen Einblicken in die kambodschanische Kultur fast ein wenig verloren.

Die Schauspieler wurden auf der Straße gecasted. Da wäre der Hauptdarsteller Nuon Sobon, ein ehemaliger Taxi An- und Verkäufer. Der Darsteller Dys, der beste Freund Boras, war Arbeiter auf Diamond Island. Dadurch wirken die Schauspieler manchmal etwas unsicher vor der Kamera.

Und doch, es hat selten zuvor einen so authentischen Film über die Menschen in Kambodscha gegeben. Durch die Laiendarsteller wird liebevoll jedes Detail bis hin zu den typischen kambodschanischen Floskeln beachtet, der Dokumentationsstil lässt den Zuschauer in dem Film versinken. Man fühlt mit Bora und findet sich in seiner Sehnsucht nach einem größeren Leben wieder. Und plötzlich verliert man da Gefühl von „den Kambodschanern“ und sieht die Geschichte eines Jungen, der auf der Suche nach dem richtigen Weg ist.