Im Namen der Einschaltquote – Ingo Lenßen an der Uni Passau

Was stellt man als Passauer Geschichtsstudentin an einem freien Abend so an? Ganz klar, man besucht einen juristischen Fachvortrag. Fairerweise sollte man erwähnen, dass es sich dabei um alles andere als den üblichen Vortrag handelte, war doch der Referent niemand Anderer als Ingo Lenßen. Ingo Lenßen? Neben seiner Tätigkeit als zugelassener Anwalt, Unternehmer und Gründer wird er denjenigen unter uns, die nachmittags zu viel Zeit übrig haben, vielleicht bekannt sein als Darsteller  erlesener Formate des Privatfernsehens wie „Lenßen & Partner“ oder, aktueller, „Lenßen live“ (JA, ich gebe es zu, ich schaue mir Laientheater mitten aus dem Leben gerne an… und NEIN, ich schäme mich fast nicht dafür).

Lenßen, der tatsächlich Volljurist mit mehr als 20-jähriger Berufspraxis unter anderem für Strafrecht ist, war am späten Mittwochabend, dem 29.11, ab 20 Uhr eingeladen, vor dem Audimax der Universität Passau voll mit hingerissen lauschenden, passend zum Vortragenden frisierten Jurastudenten aus seinem bewegten Arbeitsalltag zu berichten. Tatsächlich unterhielt er über 90 Minuten lang mit Anekdoten und Erlebnissen aus seinen (realen) Fällen – teils lustig, teils erschreckend, teils traurig, aber immer perfekt dargeboten und nie, ohne mit den Emotionen der Zuhörenden zu spielen. Ganz klar, Ingo Lenßen ist ein medialer Vollprofi – nicht, dass die extra aufgestellten Sponsorenbanner im Audimax, der mitgebrachte Kameramann oder der Signier- und Fototisch mit seinem neuesten literarischen Erzeugnis direkt vor der Hörsaaltür nicht schon darauf hingedeutet hätten.

 Neben den eigenen beruflichen Erfahrungen wurden den angehenden Juristen nützliche Ratschläge für ihre zukünftigen eigenen Tätigkeiten zuteil – mehr leider auch nicht. Zwar ist Lenßen nach eigener Aussage mittlerweile nur noch 20-30% seiner Zeit in seinem eigentlichen Beruf tätig, auf den übrigen, mithin interessanteren, Löwenanteil kam er dabei leider nur ganz am Rande zu sprechen. Vielleicht liegt es daran, dass mein eigener Studiengang aus einer etwas anderen Ecke kommt, aber besonders über sein Schauspiel hätte ich doch gern mehr erfahren – schließlich kann man getrost davon ausgehen, dass erst die mediale Bekanntheit Universitäten zu Vortragsanfragen veranlasst. Gerade der Vortrag unter dem Titel „Alles, was Recht ist“, sollte die Diskrepanz zwischen dem öffentlichen Rechtsempfinden und dem tatsächlichen, objektiven Recht aufzeigen. Es wäre zu spannend gewesen, zu erfahren, wie Lenßen dabei den Einfluss der pseudojuristischen Nachmittagssendungen einordnet. Tragen derartige Formate wirklich nur dazu bei, Laien rechtliche Probleme auf verständliche Weise nahe zu bringen? Oder führen sie vielmehr zu unsachgemäßen Verallgemeinerungen, und sei es nur, weil man die „Protagonisten“ scheinbar nie einen Rechtsstreit verlieren sieht?

Unabhängig davon, wie man diese Frage für sich selbst beantwortet, wurde insgesamt ein sehr unterhaltsamer Abend mit einem gut gelaunten Redner geboten. Es ist zu hoffen, dass auch in Zukunft ähnlich interessante und polarisierende Vortragende ihren Weg an die Uni Passau finden.