Die Magiefinderin – ein Porträt der Kinderbuch Autorin Margit Auer

Avatar-Foto
Lisa Bartelmus Ressortleiterin Campus, Politik & Sport

Margit Auer erschafft in ihren Kinderbüchern eine zauberhafte Welt, in der niemand allein sein muss. Den Kindern stehen magische Tiere zur Seite, die ihnen mit den Problemen des Alltags helfen und die als gute Freunde für sie da sind, wenn sie jemandem das Herz ausschütten möchten. Gemeinsam erleben sie in der „Schule der magischen Tiere“ jede Menge Abenteuer. Die Reihe ist der bis jetzt größte Erfolg der Schriftstellerin, die 2019 mit dem Kinderbuchpreis „Heidelberger Leander“ ausgezeichnet wurde. Im Gespräch verrät sie wie man im stressigen Schriftstelleralltag zwischen Schreiben, Lesungen, Interviews und Besprechungen Magie findet.

„Magie ist, wenn scheinbar aus dem Nichts ein Glücksgefühl entsteht.“, sagt Margit Auer und ihrer Meinung nach kann jeder diesem Zauber auch an vielen Orten des Alltags begegnen, wenn man nur aufmerksam ist. So ist es nicht zwingend notwendig zur Erholung weit wegzufliegen, findet die Autorin. Ein Ausflug in die Natur, zum Beispiel an die Altmühl, gibt neue Kraft und ist für sie mit dem Fahrrad erreichbar.

Margit Auer wurde 1967 in Mühldorf am Inn geboren und wuchs in Waldkraiburg in Oberbayern auf. Nach dem Abitur studierte sie in Eichstätt Journalistik und arbeitete danach leidenschaftlich gern als Lokaljournalistin für verschiedene bayerische Tageszeitungen. An dem arroganten Denken, die interessanten Dinge passierten nur in Berlin oder anderen Metropolen, hat sie sich schon immer gestört. In ihren Augen geschehen direkt vor der Haustüre aufregende Geschichten und der Alltag ist voller Abenteuer, die es auch verdient haben, aufgeschrieben zu werden. 1997 machte sie sich mit einem Redaktionsbüro selbstständig und arbeitete als freiberufliche Reporterin. Als dann drei Söhne ihre Aufmerksamkeit forderten, wurde es im Trubel schwierig, weiterhin als Journalistin zu arbeiten und so widmete sich Auer ganz ihren Kindern. Beim Vorlesen von Geschichten kam ihr die Idee, es vielleicht selbst einmal mit dem Schreiben zu versuchen. Erste Werke kamen in Kindergärten gut an und so schrieb sie weiter. Es dauerte jedoch noch einige Jahre, bis 2010 ihr erstes Kinderbuch tatsächlich veröffentlicht wurde. „Verschwörung am Limes“ ist ein Abenteuer, das in der Römerzeit spielt und gerne als Schullektüre gelesen wird. Ihren großen Durchbruch hatte Auer 2013 mit ihrer Reihe „Die Schule der magischen Tiere“, von der es bereits zehn Teile der Hauptreihe, vier Ferienausgaben und zwei Sonderausgaben gibt; eine davon für die Stiftung Lesen. Der erste Teil der Reihe wurde kürzlich verfilmt; der Film kommt im November nächsten Jahres in die deutschen Kinos.

„Kinder brauchen ein Happy End.“

Ihre eigenen Kinder sind lange aus dem Vorlesealter rausgewachsen und obwohl Auer jede Entwicklungsphase genießt, gesteht sie, doch manchmal neidisch auf Eltern mit kleinen Kindern zu sein, die bei Lesungen auf dem Schoß sitzen und ganz gebannt der Geschichte lauschen. Zusammen mit ihrem ältesten Sohn gestaltete Auer liebevoll ihre Webseite, die mit Rücksichtnahme auf die Interessen von Lesern, Eltern, Lehrern und Journalisten sorgsam konzipiert ist.

Auer freut sich über die große Begeisterung der Kinder für ihre Bücher und dass jeder neue Band sehnsüchtig erwartet wird. Besonders gefallen ihr auch die Leserbriefe, die über den Verlag an sie weitergeleitet werden. So hat sie es tief berührt, als ihr ein Mädchen geschrieben hatte, sie wünsche sich auch ein magisches Tier, das ihr nach der Scheidung ihrer Eltern hilft oder als ihr ein Flüchtlingskind erzählte, ihr Buch war das erste deutschsprachige, das es ganz gelesen hatte. Solche Rückmeldungen trägt die Autorin im Herzen und der Gedanke, dass ihre Geschichten Kinder auf diese Weise prägen, so wie sie selbst durch Michel aus Lönneberga und andere Werke von Astrid Lindgren oder Otfried Preußler geprägt wurde, bedeutet ihr sehr viel. Sie erzählt all das schnell; man merkt, sie hat viel zu sagen und wenig Zeit.

Die Grundschulzeit empfindet Auer als wesentlich für die Entwicklung von Kindern. Die Zeit, in der sie lernen zu rechnen und zu lesen, ist auch die Zeit, in der sie erstmals eigenständig sein müssen. Mit der neu gewonnenen Verantwortung erfahren Kinder auch neue Herausforderungen, die sie bewältigen müssen. Diese Sorgen und Alltagsabenteuer liefern den Stoff für Auers Geschichten und sind so ganz nah dran am Leben der Kinder.

In der Kindheit ist Lesen mehr als nur eine Freizeitbeschäftigung; es ist eine Form gesellschaftlicher Teilhabe und die Basis für weitere Bildung. Um Kinder zum Lesen zu motivieren empfiehlt Auer, Kinder auf verschiedene Weisen an Bücher heranzuführen, zum Beispiel durch Vorlesen und Nachbearbeitung des Gelesenen. So kann man Szenen nachspielen oder bezogen auf ihre Werke überlegen, welches magische Tier man selbst gerne hätte. Wenn Kinder ihrer Fantasie freien Lauf lassen möchten, können sie selbst eine Geschichte über ein magisches Tier schreiben oder malen.

Margit Auer ist bewusst, dass über die Geschichten, die Kinder lesen oder vorgelesen bekommen grundlegende Werte vermittelt werden. Deshalb achtet sie darauf, dass die Kinder in ihren Büchern die handelnden Personen sind und selbstständig Probleme lösen. Nichts ist in einem Kinderbuch ihrer Meinung nach unpassender als Protagonisten, die sich mit ihren Sorgen an einen Erwachsenen wenden und dieser das Problem für sie löst. Selbstständigkeit ist unerlässlich für die kindliche Entwicklung und so ist Auer dankbar, dass ihre eigenen Kinder in einem behüteten Umfeld aufwuchsen und sie auch oft allein losziehen und Lebenserfahrung sammeln konnten.

Es ist ihr außerdem wichtig zu vermitteln, dass es nicht immer darum geht, der oder die Beste und Coolste zu sein und dass es ganz ausreichend ist, so zu sein, wie man ist. So muss auch Benni in ihren Büchern eine Enttäuschung wegstecken als ihm als magisches Tier eine Schildkröte zugeteilt wird, er sich aber ein cooleres Tier erhofft hatte. Schlussendlich sieht er jedoch ein, dass beide aufgrund ihrer Charaktereigenschaften gut zusammenpassen und ein gutes Team bilden.

Margit Auer legt Wert darauf, dass in ihren Geschichten niemand „in die Pfanne gehauen wird“. Es wird sich nicht über Figuren lustig gemacht die anders oder komisch sind. Sogar über die zickige Helene lernt man, dass sie nicht ohne Grund fies ist, sondern versucht, ihre familiären Probleme mit ihrem Verhalten zu kompensieren. Der Held oder die Heldin in Auers Büchern muss eine Herausforderung bestehen und so zum Vorbild für ihre Leserschaft werden. Sie möchte den Kindern auf diese Weise Strategien zur Bewältigung des Alltags an die Hand geben und ihnen Selbstbewusstsein vermitteln.

Margit Auer ist erleichtert, dass die Dreharbeiten zum Film seit Kurzem abgeschlossen sind, denn die Zeit war stressig für sie. Die Dreharbeiten fanden in Niederösterreich, Köln und München statt. Dabei musste die Autorin aufpassen, dass die Filmemacher ihre Geschichte buchgetreu umsetzen. Entscheidend war für Auer, dass die Figuren und die magischen Tiere so dargestellt werden, wie sie in den Büchern entworfen wurden. Die Persönlichkeitsrechte liegen bei der Autorin und so kam es vor, dass sie in einigen Fällen eingriff und das Drehbuch angepasst wurde, damit die Welt der Bücher möglichst genau getroffen wird. So wollen Autorin und Filmproduzentinnen Enttäuschungen der Leser beziehungsweise der Zuschauer vermeiden. Man spürt, Auer ist stolz auf das Ergebnis ihrer Arbeit.

Über die Szenenauswahl und den finalen Schnitt hat Auer keine Mitsprache, aber in dieser Hinsicht vertraut sie den Produzentinnen von Kordes & Kordes soweit, dass noch nicht einmal klar ist, wie genau der Film enden wird. Fest steht, es wird einen Cliffhanger geben, der auf den nächsten Teil verweist; wann dieser einsetzt, wird noch entschieden.

 „Schreiben macht glücklich.“

Margit Auer liebt ihren Job wirklich. In der Universitätsbibliothek in Eichstätt kann sie sich am besten auf ihre Arbeit konzentrieren. Dort entwickelt sie Welten und konzipiert Figuren, die so komplex und liebenswürdig sind, dass sie Lust hat, viel Zeit mit ihnen zu verbringen. Auf diese Weise behält Auer die Freude am Schreiben. Dabei führt sie eine Tabelle über die einzelnen Figuren, denn bei so vielen Detailinformationen, die in den zahlreichen Büchern angeführt werden, ist es kein Wunder, dass man den Überblick verliert. Sicher hat es Auer für ihre Karriere geholfen, dass sie als Kind ein Buch nach dem anderen verschlang und in der Bibliothek stapelweise Bücher entlieh. Doch ihrer Meinung nach lernt man das Schreiben vor allem durch das Schreiben selbst und durch kritische Auseinandersetzung mit der Arbeit. Dabei sollte man seine Werke nicht nur Freunden vorlegen, sondern auch kritischen, fachkundigen Leuten. Außerdem muss sich ein jeder in seiner geschaffenen Welt wohlfühlen und ein Thema wählen, das einem liegt. Auer steckt mit ihrer Begeisterung für Schule der magischen Tiere Kinder aller Länder an und so ist es kein Wunder, dass ihre Bücher bereits in über 20 Sprachen übersetzt wurden.

Margit Auer schafft es, in ihren Büchern Pädagogik mit mitreißenden Erzählungen zu verknüpfen. Sie kreiert zwischen Meetings und Familienleben eine magische Welt und zeigt so nicht nur Kindern: Magie ist überall, man muss sie nur finden.