Sexismus und sexualisierte Gewalt an der Uni Passau

Tatort Campus? In einer Hochschulstudie der Universität Bochum gaben 19,2% der Studentinnen an, im Laufe ihres Lebens bereits sexuelle Belästigung erlebt zu haben.

Das Thema sexuelle Gewalt gegen Student*innen an Universitäten und die Reaktion der Hochschulen, geraten nun auch in Deutschland zunehmend in den Fokus.

„Sexismus und sexualisierte Gewalt an der Hochschule“, unter diesem Titel stand die Podiumsdiskussion, die im Rahmen der Aktionstage „Sex: zwischen Macht, Tabus und Idealen“ der Hochschulgruppen LUKS und feminist faction stattfand.

„College Rape kennt man aus den USA. Aber auch hier ist der Campus ein Ort, an dem sexualisierte Gewalt stattfindet. Im Übrigen auch nicht nur unter Kommiliton*innen. Gerade der hierarchische Aufbau der Wissenschaft mit dem Machtgefälle zwischen Lehrenden und Lernenden begünstigt Übergriffe auch durch Dozenten“, so Maria Groll, Sprecherin der Aktionstage.

Wie ist die Lage an der Universität Passau?

„Im Univergleich schließt Passau passabel ab“, findet Dr. Christian Rademacher, Lehrprofessur für Methoden der empirischen Sozialforschung. In Passau gäbe es mehr Vorfälle wie Grenzüberschreitungen. Konkret ist ihm ein Fall bekannt, bei dem eine Tutorin von Erstsemestern belästigt worden sei. An anderen Unis, wie der Universität Frankfurt, kenne er Fälle, in denen Kollegen sexuelle Gefälligkeiten gegen Leistungen erpresst haben.

„Auf alle Fälle wird reagiert“, sagt  Elena Dück, stellvertretende Frauenbeauftragte an der Philosophischen Fakultät der Universität. In Passau gibt es 12.177 Studierende, davon sind 7.186 weiblich. Die Mitteilungsrate stuft sie als zu niedrig ein. Sie möchte Studierende, die Hilfe benötigen, dazu ermutigen, die Beratungsstellen der Uni aufzusuchen. Wenn es sich um einen Fall unter Studierenden handelt, wie Stalking, kann die Uni pragmatische Lösungen wie ein Bibliotheksverbot verordnen, um den Alltag der betroffenen Person zu erleichtern und sie zu schützen. Zunächst wird ein Fall anonym behandelt, erklärt Dück. Wenn es sich um einen strafrechtlich relevanten Vorfall handelt, liegt es bei dem Betroffenen die Personalabteilung der Uni zu kontaktieren oder eine juristische Strafverfolgung einzuleiten. Elena Dück sieht noch großes Verbesserungspotential.

„Es gibt zwar viele sorgfältig ausgearbeitete Konzepte, aber die Umsetzung scheitert oft. In Passau würde ich mir wünschen, dass die psychologische Beratung aufgestockt wird.“

Für die Studentin Eva Gruse, die im Vorstand des freien Zusammenschlusses von student*innenschaften (fzs) e.V. sitzt, trägt vor allem die Gesellschaft dazu bei, dass Sexismus und sexualisierte Gewalt ein stetiges Problem ist.

„Besonders die schlimmen Fälle sind Ausdruck einer gesellschaftlichen Struktur.“

Als falsche Reaktion einer universitären Leitung nannte sie die Aufforderung der Universität Frankfurt, die ihren Studentinnen, nach dem Bekanntwerden einer sexuellen Straftat, riet, sich nachts nur auf Hauptwegen zu bewegen. Man müsse einen gesellschaftlichen Wandel einleiten, der vor allem das Geschlechterverhältnis in Führungspositionen, wie unter Professoren und Dozenten, verändert.

Auch Ann Wiesental, Autorin und Mitgründerin des Netzwerk Care Revolution, die seit vielen Jahren Betroffene sexualisierter Gewalt unterstützt, sieht das Geschlechterverhältnis für mitverantwortlich.

„Ohne machtvolle Geschlechterverhältnisse gäbe es diese Bandbreite von Sexismus, Grenzüberschreitungen und sexualisierter Gewalt nicht.“

An der Universität Passau  möchte sich die Frauenbeauftragte in Zukunft noch mehr dafür einsetzen, die universitären Strukturen zu beeinflussen und den Frauenanteil in Gremien erhöhen.

Beitragsbild: @Universität Passau