„Empört Euch!“ – Der AStA zur aktuellen Lage an der Universität Passau

„Hurra! Die Uni geht unter!“ Mit diesen Interesse weckenden Worten lud der AStA am Mittwoch, den 13.12.2017 zu einer Diskussions- und Informationsveranstaltung über die momentanen Zustände an der Universität Passau ein.

Zur Erinnerung vorweg: Der AStA/ SprecherInnenrat (Allgemeiner Studierendenausschuss) definiert sich als Interessenvertretung aller Studierenden innerhalb der Universität  gegenüber der Unileitung und will damit allen StudentInnen eine Stimme geben. Hierbei arbeiten sie eng mit dem Studierendenparlament zusammen.

Die allgemeinen Zustände dürften durch unzählige Posts via Facebook, Wut-Jodel oder spontane Reaktionen auf dem Campus mittlerweile sogar den weniger betroffenen Studierenden kleinerer Studiengänge ausreichend bekannt sein: Überfüllte Hörsäle, ein mehr als angespannter Wohnungsmarkt und eine zu Stoßzeiten berstend volle Mensa. Dies lässt sich zurückführen auf eine noch nie da gewesene Zahl an Erstsemestern, welche mit 4062 einen neuen Rekord darstellt. Soweit bereits der Mehrheit der Studierenden bewusst, lud der AStA nun in den Hörsaal 10 der Universität, um die Ursachen dieser Entwicklung zu benennen.

Hier gilt es zunächst an der Finanzierung der Universität Passau anzusetzen. Diese setzt sich zusammen aus staatlichen Zuschüssen, Drittmittelgeldern und zusätzlichen Studienzuschüssen. Staatliche Zuschüsse bestehen zum einen aus der fixen Basisfinanzierung, mit der Personal-, Verwaltungs- und Gebäudekosten übernommen werden. Hinzu kommen leistungsabhängig noch zweckgebundene Mittel, die von der Universität für Lehre und Forschung aufzuwenden sind und in aufwendigen Bewerbungsverfahren in Konkurrenz zu anderen bayerischen Universitäten regelrecht erobert werden müssen, was durch die hohen Aufwandskosten wiederum den Nettogewinn schmälert. Im Vergleich zum Jahr 2004 nehmen diese Grundmittel jedoch immer weiter ab. Die Drittmittelgelder bestehen im Wesentlichen aus durch private Forschungsaufträge generiertem Einkommen, sowie Fördergelder der EU. Studienzuschüsse sind finanzielle Mittel des Freistaates, um die Studienbedingungen zu verbessern.

Hier bemängelt der AStA nun aber, dass genau diese Studienzuschüsse, die eigentlich als zusätzliche Unterstützung für das Studium gedacht sind, als Kompensation für die fehlenden Grundmittel benutzt werden. Das hieße also, es fehlt schlussendlich an Geld für studienbegleitende und die Lehre verbessernde Tutorien, Übungen und Sprachkurse. Der AStA will sich hier deshalb für eine bessere Verteilung der Gelder einsetzen. Denn wenn diese zusätzlichen Angebote in der Lehre fehlen, könne der Qualitätsanspruch, den die Universität Passau an sich selbst hat, nicht aufrechterhalten werden. Dieser Qualitätsanspruch, unter anderem zu finden auf der Uni-Website, besagt besagt, dass die Universität für ihre ausgezeichnete Lehre bekannt sei und zu den herausragenden Studienplätzen in Bayern und Deutschland zähle. Diese Position soll gehalten und ausgebaut werden.

Was die Qualität der Lehre an der Uni Passau weiter einschränkt, sind jetzt natürlich die oben genannten vielen Studienanfänger, die zum Wintersemester 2017/18 aufgenommen wurden. Dass die Kapazitäten der gesamten Uni erschöpft sind, zeigt sich derzeit  schon in Seminaren, in denen aufgrund der schlichten Überlastung der Dozenten statt einer wissenschaftlichen Hausarbeit plötzlich Klausuren geschrieben werden, was die Weiterbildung und Vertiefung im wissenschaftlichen Arbeiten – also die Qualität der Lehre im Gesamten – wieder einschränkt.

Doch woher kommen nun die ganzen Erstsemester? Wieso nimmt die Uni mehr Studenten auf als sie eigentlich tragen kann? Der AStA nennt hierfür klare Ursachen.

Zurückzuführen ist die Problematik der vielen Studienanfänger auf die sogenannte Zielvereinbarung zwischen dem Freistaat Bayern und der Universität Passau, welche 2013 unterzeichnet wurde. Durch sie soll im Zeitraum von 2014 bis Ende 2018 die „Sicherung und Steigerung der Leistungsfähigkeit der bayerischen Hochschulen” gewährleistet werden. Nachdem immer mehr junge Leute studieren wollen, was durch die Abschaffung der Wehrpflicht 2011 oder die Einführung des G8 ab 2001 (in Bayern zum Schuljahr 2004/2005) nur verstärkt wird, stellt sich nun die Frage, wie sich die Hochschulen trotz immer mehr Studierender weiterhin finanzieren und gleichzeitig ihr Angebot an Studienplätzen noch ausbauen können. In der Zielvereinbarung von 2013 wurde deshalb beschlossen, dass der Bayerische Staat der Universität Passau für die Jahre 2014 bis 2018 über 16 Millionen Euro zur Verfügung stellt, um die Lehre weiterhin zu ermöglichen, unter der Bedingung, dass die Universität ab 2014 pro Semester eine jährlich zunehmende Anzahl Erststudierende aufnimmt (2014 wären dies beispielsweise 2531 StudienanfängerInnen gewesen). Wichtig ist hier auch die Unterscheidung zwischen Erststudierenden und Erstsemestern, da in der Zielvereinbarung ausdrücklich Erststudierende zur Erfüllung der Quote gefordert sind. Bis zum diesjährigen Wintersemester wurden die vereinbarten Vorgaben von der Universität Passau jedoch nie erfüllt, weshalb 2017/2018 nun mit 4062 umso mehr Studierende im ersten Fachsemester aufgenommen werden mussten.

Der AStA, der sehr an dem Qualitätsanspruch an der Universität festhält, beschreibt die momentane Entwicklung am Campus als “wahnwitziges Ziel einer Massenuni”, welches Lücken in den Bereichen Diversität der Studiengänge sowie Qualität in der Lehre mit sich bringt. So wurde bei der Informationsveranstaltung der AStA auch der Lehrstuhl des Kulturraums Südostasien erwähnt, welcher am selben Tag nur knapp einer vollständigen Auflösung entgangen ist und nun mit einigen Änderungen doch erhalten bleibt. Ein Beispiel für die Tendenz der Uni, kleinere Fächer abzuschaffen und sich entgegen der angestrebten Interdisziplinarität zu jener “Massenuni” zu wandeln.

Zusammenfassend ist die Mischung aus knapper Basisfinanzierung, aber umso mehr Studenten also ausschlaggebend für die jetzige Situation. Was seitens der Universität und Stadt gegen diese Problematik getan wird, ist gerüchteweise schon bekannt. So gelang es der Universität kürzlich, ein Grundstück auf dem vorderen Teil des Spitzbergs und dem Gelände der Löwenbrauerei aufzukaufen, auf dem bis 2026 ein neues Audimax mit zusätzlichen Hörsälen und Seminarräumen sowie weiteren Forschungseinrichtungen errichtet werden soll. Außerdem stehen für 2018 die neuen Verhandlungen über die Zielvereinbarungen der Jahre 2019 bis 2023 zur Debatte. Der AStA beteuert, darauf auch Einfluss nehmen zu wollen, fordert aber vor Allem auch alle Studierenden dazu auf, nachteilige Entwicklungen nicht einfach hinzunehmen und Empörung gegenüber der Universitätsleitung über die derzeitigen Zustände zu zeigen. So soll Anfang des Jahres 2018 eine Vollversammlung der Studentenschaft anstehen. Ein Versuch, sich vor dem drohenden Untergang zu wappnen?

Besonders Interessierten sei schlussendlich die Lektüre der besagten Zielvereinbarung ans Herz gelegt:

http://www.uni-passau.de/fileadmin/dokumente/oeffentlichkeit/Profil/Zielvereinbahrung_2014-2018.pdf