Bild von LUM3N auf Pixabay
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„Wir wollen, dass es allen gut geht“: Ein Gespräch über studentische Beschäftigte und gewerkschaftliches Engagement

Alina Bauer PR-Leitung

Bereits im Januar berichtete blank über die Umstellung auf den Tarifvertrag studentischer Beschäftigter an der Universität Passau. Doch wie verlief die Umstellung aus Sicht der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW)? Und aus der Sicht eines Betroffenen?

Um diese und weitere Fragen zu klären, trafen wir uns mit Jonas zum Interview.
Jonas ist Jurastudent und war bis Ende Januar 2025 als studentische Hilfskraft (SHK) in der WiWi-Bibliothek angestellt. Im Dezember 2024 erhielt er – wie viele andere studentische Beschäftigte – die Nachricht, dass sein Vertrag im Rahmen der Umstellung auf die Tarifverträge vorerst nicht verlängert wird. Er engagiert sich außerdem seit mehr als zwei Jahren in der GEW-Hochschulgruppe und bei TVStud an der Universität Passau.
Im Interview spricht er über Probleme bei der Umstellung, seine persönlichen Erfahrungen und darüber, warum gewerkschaftliches Engagement für ihn so wichtig ist.

blank: Wie hast du die Umstellung persönlich wahrgenommen?
Jonas Michalczyk: Ich fand es persönlich sehr schade, dass es von der Kommunikation her erst mal auf zwei verschiedenen Ebenen ablief.
An der Uni brauchen alle sehr viel Vorlaufzeit. Man sagt eigentlich schon drei bis vier Monate früher, dass man seinen Vertrag verlängern möchte. Dann kommt die Uni auf dich zu und fragt: „Wie sieht’s aus?“
Ich habe damals gesagt, ich würde auf jeden Fall gerne noch weiterarbeiten, aber wir wussten noch nicht, ob ich dann – nachdem ich das Examen bestanden habe – noch weiterarbeiten darf. Da war dann die Abmachung zwischen mir und meiner Chefin ein Vertrag bis zum Ende des Semesters. Da hatte ich eigentlich schon die Zusicherung bekommen.
Dann habe ich, wie auch viele andere, kurz vor Weihnachten eine E-Mail bekommen, dass es nichts wird mit der Vertragsverlängerung. Ich hatte auch schon die Geltendmachung der Eingruppierung zwischen Mai und Juni eingereicht und bin davon ausgegangen: Das läuft jetzt. Das war für mich schon sehr bedauerlich.

Wie bist du zur GEW gekommen?
Bei der GEW bin ich seit über zwei Jahren Mitglied. Da hat mich ein Freund drauf gebracht. Er meinte, es gibt gar keine Nachteile, nur Vorteile. Als Studi und als studentischer Beschäftigter muss man keinen Mitgliedsbeitrag zahlen, solange man studiert.
Das war für mich ein guter Deal und auch eine sinnvolle Sache. Sich zu organisieren ist ja in jedem Fall sehr sinnvoll.

Wir kennen das ja alle – wir schwimmen leider nicht im Geld – und da machen 50 bis 100 Euro mehr im Monat viel aus.

Warum genau war die Umstellung so wichtig? Welche Vorteile gibt es für studentische Beschäftigte?
Da gibt es ein paar Vorteile: auf jeden Fall höhere Löhne, eine bessere Urlaubsregelung und natürlich auch rechtliche Vorteile bei der Befristung. Deswegen kommt da im Schnitt echt gut Geld im Monat für Studierende raus. Ich glaube, wir kennen das ja alle – wir schwimmen leider nicht im Geld – und da machen 50 bis 100 Euro mehr im Monat viel aus.
Die Umstellung war auch rechtlich nötig. Es ist einfach so, dass die studentischen Beschäftigten schon seit sehr geraumer Zeit falsch angestellt gewesen sind. Man könnte sogar sagen, die Studierenden hätten gar nicht so angestellt werden dürfen – sie hätten nach dem Tarifvertrag angestellt werden müssen. Und die Uni weiß das auch, soweit ich weiß, schon relativ lange.

Welche Probleme ergaben sich im Rahmen der Umstellung aus Sicht der GEW?
Ganz viele, würde ich sagen. Beziehungsweise: Die Uni hat ja auch eingestanden, dass alles richtig ist, was die studentischen Beschäftigten fordern. Das ist ja unumstritten.
Die Sache ist nur die: Es zieht sich jetzt schon ewig. Also der Fakt, dass es gemacht werden muss, steht schon lange fest – und dieser Umsetzungsakt dauert jetzt einfach sehr, sehr lange. Was dann zu Problemen führt, vor allem, wenn ich mich jetzt anschaue. Ich wäre gerne noch bis zum Ende des Semesters beschäftigt gewesen. Es ist schon sehr blöd, wenn man denkt, man ist noch bis zum Ende des Semesters angestellt – und ist es dann plötzlich nicht mehr. Dann fehlt ein Teil oder ein Großteil vom monatlichen Einkommen. Von dem her würde ich sagen: Das sind auf jeden Fall die großen Probleme – dass sich dieser Prozess so lange hinzieht.

Welche Erfolge gab es?
Die Anerkennung, dass diese Umstellung hätte erfolgen müssen.
Bei mir zum Beispiel: Als ich meine Eingruppierung geltend gemacht habe, haben die mir das auch mehr oder weniger sofort anerkannt. Man sieht als Erfolg, dass die Verträge jetzt auch umgestellt werden. Die Leute sollen mit den neuen Planstellen wieder neu angestellt werden.
Das ist schon ein großer Erfolg: zu sagen, jetzt haben ein Großteil der studentischen Beschäftigten – beziehungsweise hoffentlich alle, die in Verwaltungstätigkeiten sind – einen neuen Platz bekommen. Dass da dann alle Beschäftigten wieder unterkommen können. Und das finde ich schon einen bedeutenden Erfolg.

Die Kommunikation der Uni wurde von mehreren Seiten kritisiert. Was kannst du dazu sagen?
Ich muss ganz ehrlich sagen, da bin ich nicht der richtige Ansprechpartner für. Für mich persönlich war diese E-Mail vom Dezember schon ein bisschen respektlos. Ich habe da jetzt dreieinhalb Jahre gearbeitet – und ich hätte mich einfach über einen Anruf gefreut. Wir erklären euch die Lage.“ Oder: „Ich rufe jetzt einfach mal alle ganz kurz an.“
Das ist eine Sache, die ich sehr schade fand, weil man auch irgendwo Teil dieser Universität ist. Natürlich auf der studentischen Seite, aber eben auch als Beschäftigte:r. Da habe ich schon viel Zeit, viele Stunden verbracht.
Ich weiß auch nicht, ob es so schön ist, dass alles so krass in den Medien auszutragen. Das wirft auf alle kein gutes Licht, da es irgendwie sehr eskalierend dargestellt werden kann, was vielleicht auch nicht immer stimmt.

Die Gewerkschaft ist keine dritte Partei.

Die Reaktionen auf die Umstellung fielen oft negativ aus. Zum Beispiel besteht der Vorwurf, dass nur die GEW profitieren würde. Wie kannst du dir dieses Feedback erklären?
Also die einzigen, die davon profitieren, sind die Studierenden. Denn die Gewerkschaft ist keine dritte Partei.
Es ist nicht so, dass wir Arbeitgeber:innen, Arbeitnehmer:innen und Gewerkschaft als dritte Instanz hätten. Die Gewerkschaften gibt es nur, weil es Arbeitnehmer:innen gibt – um eine starke Position gegenüber dem Arbeitgeber zu haben. Die Studierenden profitieren aktiv davon, aber die Gewerkschaft profitiert selbst nicht.
Es gibt ja für studentische Beschäftigte oder Studierende in der GEW keinen Mitgliedsbeitrag. Die GEW bekommt durch die Umstellung auch keine positive Publicity – und deswegen gibt es da keinen Vorteil für die Gewerkschaft als dritte Partei.
Sondern es ist so, dass die einzelnen Studierenden oder die Gesamtheit der studentischen Beschäftigten davon profitieren.
Und deswegen kann ich mir das tatsächlich nicht erklären – außer vielleicht damit, dass man unwissend ist. Das war ich auch. Das ist auch vollkommen klar, wenn man im Thema nicht drin ist.
Da sieht man dann nur die Schlagzeilen: Die Gewerkschaft auf der einen Seite, die Universität auf der anderen. Aber was dahintersteckt, das begreift man erst, wenn man sich tiefer mit der Materie beschäftigt.

Was würdest du den Studierenden raten, wie sie das ändern können?
Kommt in die Gewerkschaft! Man hat ja wirklich nichts zu verlieren. Man kann tolle Bildungsveranstaltungen mitnehmen, man wird vertreten, man wird dann auf jeden Fall auch tarifvertraglich bezahlt.
Du hast Leute, an die du dich wenden kannst, wenn du Probleme hast. Rechtsschutzmäßig wirst du vertreten. Man hat – ich glaube sogar – eine Schlüsselversicherung, was bei Bibliotheken oder ähnlichem natürlich schon einfach eine sehr nice Sache ist.
Aber was ich auf jeden Fall, ohne jetzt Werbung machen zu wollen, empfehlen würde: Informiert euch. Wir sind alle Studierende – und Recherchieren gehört ja in jedem Studiengang dazu. Und ich glaube, es ist einfach wichtig, sich mit der Materie auseinanderzusetzen und sich eine eigene Meinung zu bilden.

Würdest du sagen, es ist nur die Aufgabe der Studierenden, sich zu informieren? Oder sollten die Uni und/oder die GEW auch aktiv aufklären?
Ich glaube, es gab ja auch so eine Versammlung für Beschäftigte von unserer Hochschulgruppe. Da war ich aber noch nicht so doll in dem Thema drin.
Es gibt auch Seiten von Gewerkschaften, auf denen viele Informationen vorhanden sind. Auf der Seite der GEW müsste es auch einen Reiter für studentische Beschäftigte geben.
Auch auf dem Instagram des GEW Kreisverbands (@gewpassau) gibt es viele Infos – oder auf den einschlägigen Internetseiten von TVStd, GEW und ver.di.
Das ist aber natürlich die Sicht der Gewerkschaft. Und dann gibt es die Seite der Uni, die andere Standpunkte vertritt. Deswegen ist mehrfaches Prüfen wahrscheinlich für alle Beteiligten das Beste.

Was hast du persönlich in den letzten Monaten dazugelernt?
Ich glaube, man muss sehr standhaft bleiben. Man muss einfach für seine Punkte eintreten – auch wenn die Chancen anfangs noch so klein erscheinen –, damit viele studentische Beschäftigte davon profitieren.
Denn es ist nicht so, dass wir als Gewerkschaft da einen Profit erzielen. Jeder einzelne studentische Beschäftigte bekommt finanziell oder arbeitszeitmäßig etwas raus.
Und ja – dass wir gemeinsam sehr stark sein können, das habe ich auch gelernt.

„Wir sind eine Universität. Wir wollen, dass es allen gut geht.“

Welche Veränderungen würdest du dir im Hinblick auf studentische Hilfskräfte an der Uni wünschen?
Natürlich würde ich mir wünschen, dass das ganze Thema relativ schnell abgehakt wird. Das wäre wahrscheinlich für alle Beteiligten das Beste.
Dass die studentischen Beschäftigten, die jetzt gerade keinen Job haben, wieder einen bekommen. Dass es in Zukunft keine Probleme mehr gibt – weil alles juristisch sauber läuft – und die Leute Geld verdienen können. Geld, das sie fürs Studium brauchen.
Und dass wir kein angespanntes Verhältnis haben, sondern mehr in Richtung Zusammenarbeit gehen, auch in der nächsten Tarifrunde. Dass wir sagen: „Wir sind eine Universität. Wir wollen, dass es allen gut geht.“

Wie könnte man so eine Zusammenarbeit gestalten?
Das ist eine gute Frage – wahrscheinlich über gute Kommunikation. Das ist, glaube ich, das A und O.
Dass man dazu befähigt wird, selbst für seine Rechte einzutreten – und das auch tun muss. Denn sonst tut es niemand.
Wenn ich sage, ich fühle mich ungerecht behandelt, dann muss ich das sagen. Es bringt nichts, wenn jemand anderes das sagt. Wir sind alle erwachsene Menschen – wir müssen selbst für unsere Anliegen eintreten.
Und das ist ganz wichtig, dass wir das den Leuten näherbringen: Dass sie das für sich tun, nicht für eine Gewerkschaft. Denn die Gewerkschaft sind wir. Wir treten für Gerechtigkeit ein.
Kommunikation und Wertschätzung allen Menschen gegenüber wären einfach sehr schön.

 

Das Interview wurde zur besseren Lesbarkeit redaktionell bearbeitet.