Die Geschichte des tapferen Schneiderleins – Ein Interview

„Brave little Tailor“ heißt das Modelabel, das seit etwas mehr als einem Jahr Passau und seine Studierenden mit wunderschönen Bauchtaschen und selbst genähten Accessoires begeistert. Das Besondere? Gegründet wurde das Label ebenfalls von einer Studentin, die hier an der Universität leidenschaftlich gerne Jura studiert und ihr Hobby zum Nebenberuf gemacht hat. Wie es zu der Gründung ihres eigenen Online-Shops kam, wohin der Weg gehen soll und weshalb Perfektionismus auch mal im Weg stehen kann, erfahrt ihr im Blank-Interview.

 

Blank: Eine kurze Vorstellung – Wer bist du und was machst du? 

Anna: Ich heiße Anna, bin 22 Jahre alt, komme ursprünglich aus Stuttgart und bin für mein Jurastudium in die schöne Stadt Passau gezogen. Als Ausgleich zu diesem theoretischen Studium habe ich meine Leidenschaft für Handarbeit zu meinem Nebenjob gemacht. Daraus ist letztendlich die Idee für mein Label „Brave little Tailor“ entstanden.

 

 

 

Blank: Was machst du, wenn du nicht gerade Jura studierst oder an deinen Kreationen sitzt? 

Anna: Ich mache sehr gerne Sport, insbesondere bin ich auch im Lacrosse Verein aktiv. Das macht mir sehr viel Spaß, aber die meiste Zeit verbringe ich dann doch an meiner Nähmaschine. Ich nähe nämlich auch gern für mich selbst. Da bin ich recht ehrgeizig und probiere viel aus. Ansonsten verbringe ich viel Zeit mit meinen Freunden, auch wenn es die Lage gerade nicht zulässt, oder mit meinem Freund. Wir arbeiten gerne zusammen an meinem Online-Shop, bei dem er mir schon beim Aufsetzen sehr geholfen hat. Meistens überlegen wir auch zusammen, welche Projekte man als nächstes anpacken könnte oder wie man die Website noch weiter gestalten könnte.

Anna legt bei ihren Accessoires viel Wert aufs Detail

 

Blank: Seit wann nähst du denn schon? 

Anna: Puh, das ist eine gute Frage. Wir hatten damals in der Schule schon Handarbeitskurse, in denen wir z.B. Turnbeutel und ähnliches nähen mussten. Ich glaube aber, insgesamt nähe ich so seit zehn Jahren. 

 

Blank: Was genau stellst du für deinen Online-Shop her? 

Anna: Angefangen hat es mit Bauchtaschen. Für ein Festival habe ich mir eine selbst genäht, die auch meine Freunde so begeistert hat, dass sie schließlich meinten: „Die wollen wir auch haben.“ (lacht) Dann habe ich auch Scrunchies für mich entdeckt und gedacht, dass ich die ja eigentlich auch selbst nähen könnte. Ansonsten biete ich noch Kulturtaschen und demnächst auch einen Weekender an.

Blank: Wann genau hast du dein Label gegründet? 

Anna: Die Idee kam mir so im Oktober 2019, aber ich hatte davor auch schon einen Instagram-Account erstellt. Die Realisierung erfolgte dann recht schnell zwei Monate später im Dezember 2019, als ich offiziell mit dem Shop online gegangen bin. Das erste Mal in Person verkauft habe ich auf einem Event im Institut, ungefähr zur selben Zeit der Gründung.

 

Blank: Ist es schwierig, einen eigenen Online-Shop auf die Beine zu stellen? 

Anna: Es ist gar nicht so schwierig, wie man vielleicht denkt. Wer will, könnte bereits morgen schon einen eigenen Store starten. Das Wichtigste ist, gute Bilder von den Produkten zu machen, die man anbieten möchte. So sehen die Shop-Besucher direkt, was sie bekommen. Glücklicherweise gibt es tolle Möglichkeiten, sich auch ohne viel technisches Know-how mit einer Art „Shop-Baukasten“ einen Online-Shop zu erstellen.

 

Blank: Ist es ein cooles Gefühl, seine eigenen Accessoires an anderen Menschen zu sehen? 

Anna: Ja, voll! Die Bauchtaschen sehe ich inzwischen immer mehr in der Stadt, anfangs waren es aber vor allem die Scrunchies. Bei meinem ersten Verkauf im Institut habe ich davon einige verkauft. Das ist ganz lustig, wenn man dann in der Bib die Dutts der Kommiliton:innen mit seinen eigenen Scrunchies sieht und sich denkt: „Ah, der ist von mir!“

 

Blank: Was steht hinter dem Namen deines Labels?

Anna: Ich hatte erst überlegt, etwas mit meinem eigenen Namen zu machen, aber in Passau heißen schon so viele Anna. Das war also schwierig (lacht). Dann kam ich auf das Grimmsche Märchen vom tapferen Schneiderlein, allerdings klang das noch nicht griffig genug. Ins Englische übersetzt fande ich den Namen sehr gut und dachte, das könnte sich nach einem coolen Label anhören. Da auch die Idee für das Logo dann ziemlich schnell zustande kam, war der Name „Brave little Tailor“ besiegelt.

 

 

Blank: Was gefällt dir am meisten an deiner Arbeit?

Anna: Am meisten mag ich es, die Stoffe auszusuchen und zu kombinieren. Das Zuschneiden ist dann eher der lästige Teil, aber auch der muss natürlich sein. Am Ende hält man etwas in der Hand, von dem man weiß: ‚Das hast du jetzt gerade selber gemacht.‘ Das gibt einem schon sehr viel. Aber auch der Teil macht Spaß, bei dem man z.B. im Institut jemandem eine Bauchtasche in die Hand gibt und merkt, dass sich die Person schon darauf freut, die Bauchtasche zu tragen. Wenn dann so etwas zurückkommt wie: „Boah, das find ich cool, was du da machst, das möchte ich gerne haben“, dann ist das schon ein tolles Gefühl. Für mich gibt es eigentlich nicht den einen besten Part, es ist mehr der gesamte Prozess.

 

Blank: Worauf legst du besonders viel Wert bei deinen Accessoires? 

Anna: Ich bin super pingelig (lacht). Wenn ich das Gefühl habe, dass irgendwas schief oder nicht ganz perfekt ist, dann verkaufe ich es auch nicht. Denn wenn jemand sein Paket auspackt, möchte ich einfach, dass sich die Person genauso darüber freut, wie ich mich auch darüber freuen würde. Da stehe ich mir aber vielleicht auch etwas selbst im Weg. Ich zeige dann z.B. meinen Freunden meine Sachen und frage sie, ob da was schief dran ist, weil ich es als schief empfinde. Dann wird erwidert: „Hä, da ist doch gar nichts schief“. Aber für mich ist es halt schief und ich muss es dann ausbessern.

 

Blank: Da kommt also der Perfektionismus raus?

Anna: Ja, das liegt so ein bisschen in der Familie (lacht).

 

Blank: Hast du Inspirationsquellen? Oder kommen dir die Ideen einfach so?

Anna: Ich kaufe meine Stoffe immer auf Märkten ein, daher ist es für mich Inspiration, mich durch die ewigen, meterlangen Stände mit den riesigen Stoffballen zu stöbern. Dann schaue ich, was mir an Farben und Stoffen gefällt und verarbeite das. Meistens kommt meine Inspiration für neue Produkte aber auch aus meinem Freundeskreis, wenn z.B. jemand sagt, dass er ein neues Mäppchen oder auch einen Kulturbeutel braucht.

 

Blank: Hast du eine Wunschvorstellung, wohin es weiter gehen soll mit deinem Label? 

Anna: Das ist eine schwierige Frage, denn nach wie vor macht mir auch mein Jurastudium sehr viel Spaß und ich wusste schon immer, dass ich das machen will. Deswegen wird das Nähen vermutlich nie mein Hauptberuf werden, aber ich möchte es auf jeden Fall weiterhin als Nebenjob ausüben, weil es mir so viel Spaß macht. Es ist manchmal wirklich schwierig, sich zu entscheiden. Man weiß man sollte weiter lernen, hat aber auch Lust zu nähen. Natürlich würde es mich aber auch freuen, wenn das Label noch größer wird.

 

Blank: Zusammengefasst kann man also sagen: Ziel ist es, bis zu deinem Staatsexamen möglichst viele Studierende mit deinen eigenen Accessoires zu sehen? 

Anna: Sagen wir’s so: Man wird mich im Staatsexamen sehen, aber nur mit einem von mir selbst genähten Mäppchen (lacht). So könnte man es glaube ich formulieren. Und hoffentlich auch noch einige andere im Raum.

 

 

Ein kleiner Tipp: Wer noch nach einem passenden Weihnachtsgeschenk sucht, findet auf der Website von Brave little Tailor auch wunderschöne, zur Jahreszeit passende Weihnachtsscrunchies. Schaut doch mal vorbei!

 

Bilder: Lisa Miethke