Bücher, die Sprache neu denken

Sprache und Bücher – das passt wie die Faust aufs Auge. Natürlich, denn ohne Sprache gäbe es keine Bücher. Doch gibt es auch Bücher, die sich mit der Sprache beschäftigen, oder deren Thema Sprache ist? Ja, gibt es! Die folgenden vier Bücher befassen sich mit Sprache, jedes auf seine eigene Weise und jedes in einem anderen Genre.

Mama, bitte lern deutsch! – Tashim Durgun

Tashim Durgun erzählt seine Geschichte. Eine Geschichte, die sonst wenig Gehör findet, auch wenn sie für hunderttausende Menschen in Deutschland die alltägliche Realität ist. Zynisch, fast schon mit Humor erzählt er von Alltagsrassismus und Benachteiligung. Von einem Deutschland, das in seiner Bürokratie kategorisiert und diskriminiert. Vor allem aber würdigt er seine Mutter in einer liebevollen Weise. Ihr Leben fließt mit ein. Ein Leben in der es keine Heimat gibt, nur Verfolgung, Angst und der Wunsch für die eigenen Kinder weiterzumachen und ganz viel Nächstenliebe, die sie auch Tahsim mitgegeben hat.

Wenn man das Buch liest und Tashim von seinem Instagram- oder TikTok-Account kennt, kann man seine Stimme hören, so sehr lässt er seinen eigenen Ton und seinen eigenen Humor einfließen. Er spielt mit Stilmitteln einer Sprache, die er auch dazu nutzt, um Ämtern und Menschen mit rassistischen Vorurteilen zu zeigen, dass sie nicht Recht haben.

Seit diesem Tag betrachtete ich die Besuche bei der Ausländerbehörde als einen Leistungssport […]. Ich lernte intensiver Deutsch […] weil ich mir die Sprache der Menschen aneignen wollte, die über uns verfügen konnten.

Auf ein Maoam mit Otto – Bea Michl und Emil Bach

„Auf ein Maoam mit Otto“ ist ein Spiel mit der deutschen Sprache, die so viele Kuriositäten und Eigenschaften zu bieten hat. Wir begleiten den Ich-Erzähler und seinen Nachbarn Otto dabei, Maoam aus einem Regal zu nehmen. Dabei begegnen wir Alliterationen, umarmenden Reimen, inklusiver Sprache und vielen weiteren sprachlichen Mitteln. „Auf ein Maoam mit Otto“ ist Literatur, die einen im Alltag zum Lachen bringt. Otto, der Rentner von nebenan bewertet das Buch selbst als „Sehr unterhaltsame Klolektüre mit sympathischen Helden.“

Bea Michl und Emil Bach haben, wie sie selbst sagen, beide „nichts gescheites gelernt“. So hat Emil Bach in Passau Sprach- und Textwissenschaften und Bea Michl Literaturwissenschaften studiert. Emil Bach tritt am 10.07. bei den Europäischen Wochen mit seinem Programm „Schöne Lieder, vol. 3“ auf.

Für unseren Instagram-Account haben sie uns Fragen zu „Auf ein Maoam mit Otto“, zu Sprache und ihrer Kunst beantwortet. Beim SoBi-Sommerfest am 09.07. könnt ihr an unserem Stand eine signierte Ausgabe von „Auf ein Maoam mit Otto“ gewinnen. Schaut gerne vorbei!

,Wie äußert sich eigentlich Empörung im Internet?‘ fragte mich Otto, der ältere Herr von nebenan ALS ICH GERADE MAOAM AUS DEM REGAL NAHM !!11!!!

Babel – Rebecca F. Kuang

Wer gerne Fantasy liest, sollte sich „Babel“ definitiv einmal genauer anschauen. Aber nicht nur Fantasy-Fans kommen bei diesem Buch auf ihre Kosten, denn Rebecca F. Kuang schafft es gesellschaftspolitische Themen in die fantasievolle Welt von „Babel“ einzubringen.

Der Roman spielt im 19 Jahrhundert in Oxford. Wir begleiten Robin Swift, der als Waisenkind von China nach England gebracht wird und sich dem akademischen Leben in Oxford verschreibt. Dort soll er mit Silber arbeiten lernen, welches die Vormachtstellung Englands sichert. Oxford ist dabei das Zentrum allen Wissens. Im Laufe der Zeit beginnt er, akademische Strukturen und gesellschaftliche Entwicklung zu hinterfragen und muss sich schlussendlich entscheiden. Im Zentrum des Romans stehen Wörter und Sprachen. In der Welt von Babel haben diese Magie inne, die stärker ist als alles andere. Durch das Erlernen und Beherrschen von mehreren Sprachen wird jemandem Macht zuteil, die nicht gut sein kann.

Kuang schafft es, Kolonialismus, Sexismus und Rassismus pointiert zu kritisieren und das in einem Fantasy-Roman. Sie schafft es, Spannung aufzubauen und über das ganze Buch zu halten. Außerdem baut sie eine Welt mit sehr viel Liebe zum Detail auf. Das Buch ist bewegend und lässt einen nachdenklich zurück.

Wut war ein Zustand der Ohnmacht. Wut nahm einem die Kontrolle über sich selbst. Sie ergriff von einem Besitz, machte einen rasend, bis man außer sich war. Wut war ein Zustand der Unfreiheit, den man anschließend mit Gewalt zu beenden versuchte.

Sprache und Sein – Kübra Gümüşay

Von Theresa Ertl

Sprache und Sein – eine Alliteration, die verfängt und zugleich der Titel des Debütbuches von Kübra Gümüşay ist. Nicht selten entdecke ich es im Bücherregal von Bekannten, als wäre es längst zu einem zeitgemäßen Klassiker geworden. 

Gümüşay untersucht in Sprache und Sein, wie Sprache unser Denken formt und Machtstrukturen verfestigt. Dabei verknüpft sie gesellschaftliche Analysen mit ihren persönlichen Erfahrungen als Enkelin eines türkischen Gastarbeiters, die multilingual aufgewachsen ist. Gümüşay beschreibt sich selbst nicht nur als Autorin, sondern auch als Aktivistin. Ihr gelingt eine Balance: Sie zeigt die gefährliche Macht der Sprache auf, ohne ihre Schönheit und ihr befreiendes Potenzial zu übersehen. Mit klugen Gedankenimpulsen und Ideen regt sie an, der Verrohung unserer Diskurskultur etwas entgegen zu setzen. 

Besonders eindrücklich ist das zweite Kapitel, in dem Gümüşay ihre Welt zwischen den Sprachen beschreibt: 

Türkisch ist für mich die Sprache der Liebe und Melancholie. 

Arabisch eine mystische, spirituelle Melodie. 

Deutsch die Sprache des Intellekts und der Sehnsucht.

Englisch die Sprache der Freiheit.

Ihre Worte lesen sich wie eine Einladung, die eigenen Sprachen zu reflektieren: In welchen fühlst du dich zuhause? In welchen darfst du (nicht) ganz sein? 

Hinweis: Dieser Artikel ist Teil der Themenwoche Sprache des Passauer Campusmagazin blank. Mit dieser Themenwoche möchten wir verschiedene Perspektiven auf Sprache sichtbar machen und zur Auseinandersetzung mit ihrer Komplexität anregen. Wir erheben dabei keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern möchten lediglich einige der vielen Facetten beleuchten. Weitere Beiträge zum Thema Sprache erscheinen im Laufe der Woche (23. bis 29. Juni 2025) – hier, auf unserem Instagram-Account sowie auf Spotify.

Teil 3 unserer Comicserie Sprache von Veronika Bigler