Eine kurze Geschichte der bairischen Sprache

Lena Geier Ressortleiterin Kultur & Literatur

Mir glangt, dass i woaß, dass i kannt, wenn i mecht – oba i mog ned.

Bayerische Lebensphilosophie

Ich bin mit dem bairischen Dialekt aufgewachsen. Wörter wie „fei“ und „bassd scha“ gehören zu meinem täglichen Sprachgebrauch. Erst an der Uni wurde ich dann so richtig damit konfrontiert, dass viele bayerisch nicht ganz verstehen. Organisch fühlte sich die Sprache für mich davor immer an, selbsterklärend und natürlich. Aber das wäre ignorant zu denken, Sprache ist nie selbstverständlich. Zwar sprechen Millionen von Menschen bairisch, nicht alle davon befinden sich allerdings an unserer Uni in Passau. Immer mehr brachte mich das Thema Sprache zum Nachdenken: Welche Worte sind denn eigentlich für uns bayerisch sprechende Personen „normal“ und für diejenigen, die nicht bayerisch sprechen, ganz ungewöhnlich? Auf Instagram gibt es dazu einen Post, ratet doch gerne mit!

Geschätzt 13 Millionen Personen sprechen Bairisch

Aber woher kommt denn eigentlich der bairische Dialekt? Zuerst zur Klärung: Sowohl bayerisch als auch bairisch sind die richtige Schreibweise. Bairisch bezieht sich auf die Sprache, die auch außerhalb von Bayern, beispielsweise in Österreich und Teilen Südtirols gesprochen wird, bayerisch auf das Brauchtum und die Sprache in Bayern. Der Dialekt hat eine lange Geschichte, die bis ins 6. Jahrhundert zurückreicht. Dabei ist auch wichtig zu erwähnen, dass bairisch von der internationalen Organisation für Normung als eigene Sprache eingeordnet wird. Die Bajuwaren, ein Germanenstamm, die das damalige Bayern besiedelten, brachten ihre eigene Sprache mit, diese entwickelte sich im Laufe der Jahrhunderte zu den verschiedenen bairischen Mundarten. In der germanischen Linguistik wird der bairische Dialekt den südöstlichen Dialektgruppen im deutschen Sprachraum zugeordnet. Interessant zu wissen: Der Unterschied zwischen Bairisch und Hochdeutsch ist größer als der zwischen Dänisch und Norwegisch. Mit einer Ausbreitung von 150.000 Quadratkilometer stellt Bairisch das größte Dialektgebiet in Deutschland dar.  Seit 2009 hat die UNESCO Bairisch im „Atlas der gefährdeten Sprachen“ aufgelistet und das, obwohl immer noch geschätzt 13 Millionen Personen diesen Dialekt sprechen. Es zählt zu den potentiell gefährdeten Sprachen, dazu zählen beispielsweise auch Plattdeutsch und Westfriesisch. 

Bairisch ist nicht gleich Bairisch

Auch wenn der bairische Dialekt ein großes Gebiet abdeckt: Bairisch ist nicht gleich Bairisch. Innerhalb des Sprachraums gibt es drei große Hauptdialekte: Oberbairisch, Mittelbairisch und Südbairisch. Diese unterscheiden sich teils stark voneinander – sowohl in der Aussprache als auch im Wortschatz. In Passau und Umgebung spricht man größtenteils Mittelbairisch, das auch in weiten Teilen Nieder- und Oberbayerns, der Oberpfalz sowie in Wien verbreitet ist. Typisch sind hier Wörter wie „fei“ für viel, „wia“ für „wie“, oder „zruck“ für „zurück“.

Weiter südlich – etwa im Alpenraum oder in Südtirol  hört man Südbairisch, das sich durch eine weichere Aussprache und teils andere Begriffe auszeichnet. Im Raum um München und bis ins Berchtesgadener Land hinein ist Oberbairisch verbreitet, oft mit noch stärker ausgeprägtem Klang, z. B. mit dem berühmten „oa“ statt „a“ (wie in „Hoamat“ statt „Heimat“). Manchmal verstehen sich selbst zwei bairisch Sprechende aus verschiedenen Regionen nicht auf Anhieb, so unterschiedlich kann der Dialekt klingen. Und doch verbindet die verschiedenen Ausprägungen des Bairisch eine Herkunft.

Dialekt stiftet Identität

Gerade im Fall des Bairischen zeigt sich, wie stark ein Dialekt Identität stiften kann. Für viele Sprecher:innen ist Bairisch nicht nur ein Mittel der Kommunikation, sondern ein Teil der kulturellen Verwurzelung. Bairisch zu sprechen heißt oft auch, sich mit einer bestimmten Lebensweise, einer Region und einem Gemeinschaftsgefühl zu verbinden. In einer Umgebung wie der Universität, in der viele Menschen mit unterschiedlichen sprachlichen Hintergründen aufeinandertreffen, wird deutlich, wie besonders und identitätsstiftend ein Dialekt sein kann – gerade dann, wenn man ihn plötzlich erklären muss, obwohl er doch vorher immer so selbstverständlich wirkte. Bairisch ist nicht nur Sprache, sondern ein Stück Heimat, das weitergegeben wird – über Generationen hinweg.

Teil 6 unserer Comicserie Sprache von Veronika Bigler