Polternde Tradition – Der politische Aschermittwoch der CSU in Passau

Bier, Weißwurst und aufbrausende Redner, der politische Aschermittwoch in Passau hat auch dieses Jahr wieder eingehalten, was er im Voraus versprochen hatte. Trotz des Fernbleibens des noch Ministerpräsidenten Horst Seehofer schafften es die restlichen Spitzenpolitiker der CSU, mit ihren Reden ein aussagekräftiges Bild zu schaffen – und indirekt sogar eine wichtige Größe der SPD zu stärken.

Volles Haus bei typischem CSU-Publikum
Bereits um 8:30 Uhr begann der Einlass am vergangenen Mittwoch, angekündigt wurden bis zu 7000 politisch interessierte Besucher in der Dreiländerhalle Passau, gekommen waren nur knapp 5000. Wie jedes Jahr bestand ein bedeutsamer Teil der vor der Halle Wartenden aus Mitgliedern und Engagierten der Jungen Union, welche in großen Gruppen angereist waren. Insgesamt ergab sich jedoch, typisch für die CSU in Bayern, ein Durchschnittsalter, welches doch eher als fortgeschritten zu bezeichnen war. Offizieller Beginn der Veranstaltung war dann um 10 Uhr, Markus Söder erschien bereits wenige Minuten nach offiziellem Beginn und wurde von den Besuchern mit lautem Applaus begrüßt.

Gemäßigte Einführung
Das erste Wort an diesem 66. politischen Aschermittwoch in Passau hatte CSU-Kreismitglied Walter Taubeneder, Mitglied des bayrischen Landtages. Seine Rede war eher ein Lobgesang auf die Arbeit der CSU in Bayern, ohne wirkliche Angriffe auf andere Parteien, wie sie bei so einem politischen Aschermittwoch eigentlich üblich sind. Lediglich die Bundesregierung wurde kurz kritisiert, Taubeneder wolle „keine Berliner Verhältnisse“ in Bayern. Vom zukünftigen Ministerpräsident Markus Söder sprach der 64-Jährige in höchsten Tönen und prophezeite ihn als „guten Ministerpräsidenten“.

Schnelle Steigerung
Wo sein Vorredner in Sachen Provokation und derben Sprüchen noch gespart hatte, holte der CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer nun ordentlich auf. Besonders die Sozialdemokraten hatte Scheuer im Visier, mit polternden Sprüchen wie „Der Sozi ist an sich nicht dumm – er hat nur viel Pech beim Nachdenken“ oder „Genossen ist die Vergangenheit von genießen“ griff er erstaunlich tief in die Tasche der provokativen Gags. Auch FDP Chef Christian Lindner entkam dem CSU-Generalsekretär nicht, welcher auch durch seine immer lauter werdende Stimme für eine euphorische Stimmung im Saal sorgte. Sein Spruch „Es reicht nicht, sich im Unterhemd fotografieren zu lassen“ wurde durch lautes Gelächter der Besucher als gelungen gewertet. Inhaltlich sprach Scheuer vor allem von Bayern als Heimat und der Wichtigkeit der CSU, auch in der gesamten Bundesrepublik. Sichtlich zufrieden mit der Reaktion auf seine Worte übergab er das Wort dann an den Hauptredner des Tages, Markus Söder.

Ohne Blatt vor dem Mund
Der Mann, der in wenigen Wochen mit hoher Wahrscheinlichkeit zum bayerischen Ministerpräsident gewählt werden wird, zeigte sich bereits mit dem Beginn seiner Rede kämpferisch und machte sofort klar, dass „Political Correctness“ in Passau an diesem Tag Pause haben würde. Stolz wies er anschließend darauf hin, dass die CSU die Erneuerung in der Partei geschafft hätte und die SPD bei genau diesem Versuch scheiterte. Auffällig war an den Worten, dass Söder versuchte, jegliche Bevölkerungsgruppen miteinzubeziehen. Er sprach Polizisten, Rentner, Studenten, Landwirte und streng Gläubige direkt an und versuchte so, bei jedem der Besucher ein Zugehörigkeitsgefühl zu schaffen. Des Weiteren thematisierte Söder natürlich die Integration von Geflüchteten und unterstrich die Wichtigkeit der für die Zuwanderer organisierten Sprach- und Kulturkurse. Überraschend war neben den ebenfalls sehr deutlichen Worten in Richtung parteiinterner Kollegen auch die rhetorische Spitze in Richtung Angela Merkel. Diese kritisierte er im Rahmen der möglichen Begrenzung der Amtszeit des bayerischen Ministerpräsidenten auf zehn Jahre indem er darauf anspielte, dass so eine Begrenzung auch für Deutschland eine sinnvolle Überlegung sein könnte. Als größten Gegner für den kommenden Wahlkampf, welcher mit den Landtagswahlen im kommenden Herbst endet, nannte Söder die AfD und machte deutlich, dass diese keine Alternative für konservative Politik darstellt. „Wer konservative Politik will, muss das Original wählen“, so Söder. Nach seiner Verabschiedung ist die Stimmung in der Dreiländerhalle ausgezeichnet, die CSU-Wähler freuen sich offensichtlich auf ihren neuen Ministerpräsidenten und waren von seiner Ansprache an diesem Aschermittwoch mehr als überzeugt.

Anderer Rahmen, andere Regeln
Auffällig an diesem politischen Aschermittwoch war auch in diesem Jahr wieder der Unterschied zwischen den Äußerungen der CSU auf Landesebene im Vergleich zu den Äußerungen auf Bundesebene. Der am Mittwoch aufgrund von Krankheit nicht anwesende Horst Seehofer sprach nach der Einigung um den Koalitionsvertrag noch von einem „äußerst positiven Ergebnis“ und verlor kein schlechtes Wort über seine Kollegen der SPD oder CDU. Markus Söder und speziell Andreas Scheuer gingen am politischen Aschermittwoch diesbezüglich deutlich offensiver und aggressiver vor, fast schon Tradition scheint die Direktheit an diesem Tag zu haben. Auffällig war außerdem, dass keiner der Redner ein schlechtes Wort über die eventuelle Nachfolgerin von Martin Schulz, Andrea Nahles, verlor. Dies könnte natürlich zufällig in Vergessenheit geraten sein. Wirklich wahrscheinlich ist das jedoch nicht und man kann davon ausgehen, dass die CSU intern eventuell auf die 47-Jährige hofft – auch im Hinblick auf die kommenden Jahre der erneuten großen Koalition.