Der Holzfußboden im Oberhaus knarzt bei jedem Schritt. Durch die dicken Steinwände ist es im Raum kühl, trotz der hohen Temperaturen draußen. In einer Glasvitrine ist ein Bischofsstab aus dem 15. Jahrhundert ausgestellt. Rechts an der Wand hängen Kopien spätgotischer Gemälde, angefertigt in den 1950er Jahren. Daneben ein Bildschirm, auf dem eine animierte Rekonstruktion von mittelalterlichen Bauarbeiten abläuft. Jahrhunderte der Geschichte, multimedial zu einer ganzheitlichen Erfahrung aufbereitet. Sieht so das Museum der Zukunft aus?
Passau. Dr. Stefanie Buchhold ist seit 2016 die Leiterin der Veste Oberhaus. Über ihre Anfangszeit sagt sie heute lachend, dass man sich in manches erstmal „reinfuchsen“ müsse. Dieses Jahr feiert die Veste ihren 800. Geburtstag. Die dazugehörige Sonderausstellung Mächtig prächtig ist noch bis zum 06. Januar 2020 besuchbar.
Die Wurzeln der Gegenwart
Aber warum sollte man heute, gerade als junger Mensch, überhaupt noch in ein Museum gehen? „Weil Geschichte mit Identität zu tun hat“, so Buchhold. „Wer seine Wurzeln und seine Gegenwart kennt, der kann auch viel besser für die Zukunft planen.“ Also die Vergangenheit als Grundlage unserer Gegenwart. Eine Sichtweise, welche durch die Veste selbst unterstützt wird: In den 800 Jahren ihrer Geschichte erhielt das Gebäude je nach Epoche verschiedene Funktionen, welche wiederum etwas über ihre Zeit aussagen. „Zum Beispiel im Barock, da brauchte man als Herrscher einfach eine barocke Festung, unabhängig davon, ob sie jetzt militärisch sinnvoll ist oder nicht.“
Unterhaltsame Geschichte
Auf die Frage, wie ein modernes Museum die Menschen noch ansprechen und begeistern kann, weiß Stephanie Buchhold eine einfache Antwort: „Ich glaube, man muss Geschichten erzählen. Sodass es erstmal unterhaltsam ist. Und wen es interessiert, der kann so tief einsteigen wie er möchte.“ In der Sonderausstellung ist dieser lebhafte und vielseitige Ansatz ersichtlich. Die Räume bieten visuelle Reize wie Bilder, ausgestellte Rüstungen und digitale Modelle der Veste aus anderen Zeitabschnitten. Dazu kommen diverse Textkästen in verschiedenen Größen über die sich der geneigte Besucher weiter informieren kann. Für Kinder gibt es auch einige Punkte, an denen sie spielerisch etwas über die Geschichte lernen können. Und für den Historiker gibt es dann noch einen wissenschaftlichen Katalog zum Jubiläum.
Laut einer Besucherumfrage zieht die Veste auch viele ausländische Gäste an, darunter hauptsächlich Amerikaner und Asiaten. Um dem internationalen Publikum entgegenzukommen ist nun das Leitsystem des Oberhausmuseums auf Deutsch und Englisch ausgebaut. Aber auch in technischen Dingen geht man mit der Zeit: Seit diesem Juli gibt es eine Vesten-App und öffentliches W-Lan auf der Burg. Dadurch werde der Museumsbesuch noch interaktiver, so Buchhold. „Man muss keine vorgeschriebenen Touren gehen, sondern kann es sich selbst zusammenstellen und während einem Spaziergang durch die Burg einfach unterhalten lassen.“ Unter anderem ist es mittels der App über das Handy möglich, eine digitale Rekonstruktion des Bergfrieds von 1506 im Innenhof zu bestaunen.
Erst denken, dann digitalisieren
Die allumfassende Digitalisierung macht also auch vor dem Passauer Oberhausmuseum nicht halt. Dennoch ist hier laut Stefanie Buchhold Vorsicht geboten: „Die Digitalisierung bietet unendlich viele Möglichkeiten, aber manchmal wird ein Aktionismus an den Tag gelegt, der etwas schwierig ist. Man muss sich immer fragen: Wozu machen wir das eigentlich und was können wir damit erzählen?“ Und trotz allem Fortschritt gäbe es noch Dinge, welche man nicht komplett dem Digitalen überlassen könne. „Einen Raum oder ein Gebäude zu betreten und sich ein tatsächliches Objekt anschauen, das ist ein Erlebnis, das Ihnen keine Digitalisierung bieten kann.“
Am Ende der Mächtig prächtig Ausstellung findet sich abschließend ein Ausblick auf mögliche Ideen für die Zukunft der Veste Oberhaus. Bleibt sie ein Museum? Wird es ein Hotel? Kommt die Seilbahn? „Vielleicht wird auch ein Zoo daraus“, schmunzelt Buchhold. Es bleibt also in jedem Fall spannend und die Besucher können sich auf die nächsten 800 Jahre Vestengeschichte freuen.