Religionen, insbesondere die christliche, haben in unserer gegenwärtigen Gesellschaft keinen allzu leichten Stand. In dieser Zeit der Krise erscheint plötzlich, wie aus heiterem Himmel, „Ein Mann seines Wortes“, Wim Wenders Dokumentarfilm über Papst Franziskus. Doch an wen richtet sich dieses Werk nun eigentlich? An jeden, wenn man der Aussage des Films Glauben schenken wollte.
„Ein Mann seines Wortes“ besteht aus drei Hauptsträngen. Einmal sehen wir in Schwarzweiß nachgestellt einige Szenen aus dem Leben des heiligen Franziskus von Assisi im 12. Jahrhundert. Diese nehmen den kleinsten Teil des Films ein. Weiterhin werden Mitschnitte von öffentlichen Auftritten des gegenwärtigen, 2013 gewählten Papst Franziskus gezeigt. Zwischendurch sieht man immer wieder den Papst in einer Interviewsituation in seinen Gemächern, wie er direkt in die Kamera spricht und dem Zuschauer seine Standpunkte mitteilt.
Im Verlauf des Films werden nacheinander verschiedene Probleme unserer modernen Welt thematisiert. So beschäftigt man sich unter anderem mit Umweltverschmutzung, Armut, der Flüchtlingskrise und dem Kapitalismus im Allgemeinen. Dazu erklärt der Papst dann seine Haltung (bzw. die der katholischen Kirche) und gibt gut gemeinte Ratschläge: Umweltverschmutzung ist nicht gut, der Reichtum ist in der Gesellschaft nicht fair verteilt, Menschen sollten sich um einander kümmern. Hierbei wirkt Papst Franziskus wie ein milder, netter und leicht verschmitzter älterer Herr. Soweit, so gut. Jedoch entpuppt sich „Ein Mann seines Wortes“ als zweischneidiges Schwert.
Zweifellos ist es am interessantesten und aktuellsten, wenn der Papst über Themen nicht auf einer christlichen, sondern allgemeingültigen Ebene spricht. Themen wie Liebe, Familie, Lebensfreude und der Tod sind universell und haben für jeden Menschen Relevanz, egal ob er einer Konfession angehört oder nicht. Gerade eine Szene, in der der Papst über das Akzeptieren der eigenen Sterblichkeit spricht und von einer Begegnung mit einem krebskranken Kind erzählt, weist eine glaubwürdige emotionale Dimension auf.
Viele andere Szenen in „Ein Mann seines Wortes“ haben jedoch eine offensichtlich voreingenommene Note, was die Glaubwürdigkeit des Gesamtwerks zum Teil untergräbt. Wir sehen immer wieder, wie Papst Franziskus von den verschiedensten Menschengruppen freudig begrüßt wird, egal ob es Gläubige auf dem Petersplatz, Migranten in einem Flüchtlingslager oder Häftlinge in einem Gefängnis sind. Und selbst wenn all diese Szenen tatsächlich komplett authentisch sein sollten, verfolgt Regisseur Wenders eine klar einseitige Darstellung. Das an sich ist weder überraschend noch besonders verwerflich. Bedauerlich ist allerdings, dass „Ein Mann seines Wortes“ darüber hinaus nicht viel zu bieten hat.
Es scheint oftmals so, als wäre Papst Franziskus bei seiner Argumentation auf der Suche nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner: Die großen Probleme werden sehr vereinfacht dargestellt und es werden dazu passend sehr einfache Antworten gegeben. Natürlich wäre es schön, wenn alle Menschen teilen würden und Freunde wären. Aber es wäre leider auch naiv, zu glauben, dass dies so einfach zu erreichen ist.
Bestimmte Szenen, wie etwa wenn der Papst über die Flüchtlingskrise spricht oder eine Holocaustgedenkstätte besucht, lassen den Zuschauer dann etwas ratlos zurück. Was wollen Wenders und Franziskus uns damit vermitteln? Dass Papst Franziskus Empathie für die Opfer fühlt? Das ist schön und spricht für ihn als Person, aber inwiefern gibt das der katholischen Kirche als Institution neue Impulse? Diese Fragen werden nie beantwortet.
Gerade in derartigen Szenen entlarvt sich „Ein Mann seines Wortes“. Sympathie ist dabei ein Schlüsselwort. Hier wird viel getan, um Papst Franziskus (und damit die katholische Kirche) sympathisch darzustellen. In teilweise beeindruckenden Bildern will man den Zuschauern vermitteln, dass die Kirche mit der Zeit gegangen ist und die christlichen Lehren auch heute noch Bedeutung haben. Das alles macht der Film noch nicht einmal besonders unglaubwürdig. Dennoch sind durch die Konzentration auf die emotionale Ebene seine Aussagen letzten Endes zu stark heruntergebrochen und harmlos, um Menschen tatsächlich Denkanstöße vermitteln zu können.