Foto: Lena Langecker

Von Hartz IV bis Hochadel – Ein Gespräch mit den Besitzern des Dackelmuseums

Ein ganz normaler Mittwoch im Herzen der Passauer Altstadt: Vor der Eingangstür mit der Überschrift „aufdaggeln“ sitzt Seppi Küblbeck fröhlich bunt, jedoch stilvoll eingekleidet auf einem mit Schafsfellen ausgelegtem Sessel. Er raucht genüsslich eine Zigarette und beobachtet das rege Treiben am Residenzplatz. Um ihn herum streunt das Dackel-Geschwisterpärchen Moni und Seppi. Zwei Touristen bleiben stehen. Sie wollen unbedingt ein Foto mit den „beautiful dachshunds“. Da hilft Küblbeck gerne aus und erzählt nebenbei noch kleine Anekdoten über seine liebste Hunderasse. Auch sein Partner Olli Storz bespaßt drinnen, im ersten Dackelmuseum der Welt, seine exotischen Gäste. Die klassische Musik im Hintergrund wird immer wieder von überschwänglichen Komplimenten unterbrochen: „Wow, that’s amazing!“.

An Ostern vergangenen Jahres eröffnet, prägt das gerade mal um die 70 Quadratmeter große Museum schon jetzt maßgeblich das Passauer Stadtbild. Neben der Ausstellung gibt es auf der anderen Seite des Residenzplatzes einen dazugehörigen Souvenirshop. Die beiden Inhaber Oliver Storz und Josef Küblbeck sind mit ihrer exzentrischen und doch liebenswerten Art allseits bekannte Gesichter in der Dreiflüssestadt. Obwohl die Ehe für Alle erst 2017 durchgesetzt wurde, gaben sich die beiden 2015 im konservativ geprägten Niederbayern das Ja-Wort. Im September feierten Storz und Küblbeck eine große Hochzeit, zu der unter anderem ihr guter Freund und CSU-Politiker Andreas Scheuer geladen war.

25 Jahre lang führten die beiden Floristmeister zusammen die Passauer Blumenwerkstatt und arbeiteten für Kunden aus der ganzen Welt. Die vielen Aufträge wurden letztendlich zu viel und führten dazu, dass beide gesundheitliche Probleme bekamen: „Es war kurz vor aus“, stellt Storz fest. Küblbeck erinnert sich: „Für mich war es immer so: das Viertel Jahrhundert, gelebt waren es 50. So intensiv haben wir den Laden geführt“. Sie hätten sich somit die Frage gestellt „Wie wollen wir die letzten 15 Jahre bis zur Rente gestalten?“. Schlussendlich entschied sich das Paar für ein entspannteres Leben. Der Plan: In der touristenreichen Altstadt Passaus einen Souvenirladen zu eröffnen.

Eine große gemeinsame Leidenschaft der beiden war von Anfang an der Dackel: Für sie verkörpert der liebenswerte Jagdhund Treue und Toleranz. Deswegen besitzen sie nicht nur bereits die dritte Generation an Dackeln, sondern sammeln auch seit Zeiten des Blumenladens alles rund um ihre Lieblingsrasse. Im Sortiment des Souvenirladens durfte der Wackeldackel daher natürlich nicht fehlen: „Und dann haben wir relativ schnell bemerkt: Hoppala, den Dackel kennt die ganze Welt“. Aufgrund der hohen Nachfrage erweiterten Küblbeck und Storz das Sortiment rund um die Hunderasse auf 150 Artikel und auch ihre private Sammlung wuchs stetig. Als ein belgischer Sammler dem Paar seinen Fundus an Dackelobjekten vermachte, war die Idee geboren, die Sammlung mit der Öffentlichkeit zu teilen. Vis á vis mit dem Laden entstand das welterste Museum zu Ehren des Dackels.

Innerhalb von zwei Monaten setzten die zwei Geschäftsmänner den Plan um. Storz widmete sich vorwiegend Recherche, Texten und Beschreibungen der Exponate, Küblbeck seinem „ große(n) Steckenpferd“, der Inszenierung. Dass das Ganze ein Herzensprojekt ist, wird klar, als Küblbeck gesteht: „Unser Zuhause ist schon im Museum“. Die Räume sind der Aufteilung und Farbgebung des Heims der bayrischen Paradiesvögel nachempfunden.

Was nach der Eröffnung geschah, habe sie ebenso überrascht wie alle anderen Passauer Bürger. Plötzlich tauchte der Name des kleinen unscheinbaren Städtchens in der internationalen Presse auf – stets in Verbindung mit „The world’s first Dachshund Museum“. Eine amerikanische Familie aus North Carolina erzählt uns begeistert von einem „four page article in our local newspaper“, der sie bewegt habe, sich das berühmte 70 Quadratmeter Museum einmal anzusehen. Selbst US-Zeitungsgiganten wie die Washington Post und die New York Times berichteten zuletzt über Seppis und Ollis Wunderidee. Losgetreten habe das Ganze aber ein Seite 3 Bericht im Feuilleton der Passauer Neuen Presse, erzählt Storz. Sie wären damals gefragt worden, bevor der Artikel an die dpa weitergereicht wurde – mit der Warnung vor einem großen Medienecho. „Die Dimensionen des Dackelmuseums und den Zuspruch aus der ganzen Welt – das hätten wir uns im Leben nie gedacht. Unser Leben hat sich auch damit über Nacht schlagartig verändert, weil es ist ja nichts mehr wie es war, die ganzen Medien, Pressetermine und auch die Vorschau schon für nächstes Jahr, die Anfragen, da ist so extrem viel.“

Jedoch wurden vor allem von Seiten der Politik auch negative Stimmen laut. Den Vorwurf Passau sei keine Dackelstadt lächeln die beiden weg. Es sei für sie der „Sechser im Lotto“ gewesen. Die scharfe Kritik befeuerte den Medienhype umso mehr. „Wir haben jetzt das große Glück gehabt die eine Türe zu schließen und ein riesen Tor zu öffnen“, sagt Küblbeck.

Das Museum stößt bei Menschen aus verschiedensten Ländern und Gesellschaftsschichten auf Begeisterung. Die Besucher reichen von Touristen über Einheimische, Studenten und natürlich Dackelbesitzern bis hin zu Jagd-Interessierten. „Von Hartz IV bis Hochadel“, beschreibt Küblbeck sein Klientel. Für das internationale Publikum sei der Dackel der Inbegriff für Bayern, erklärt er. Von der Beliebtheit der neuen Attraktion profitiert auch die Stadt. „Nach Aussage auch vom Tourismusbüro hätte die Stadt mit keinem Budget der Welt diese weltweite Werbung erreichen können“ berichtet Küblbeck. Trotzdem ist eine Vergrößerung des kleinen Museums nicht geplant. Lediglich eine Sonderausstellung mit Thema „Der Dackel und die Jagd“ im nächsten Herbst inklusive Auslagerung ist angedacht: „Wir wollten eigentlich dem Dackel treu bleiben das Museum klein aber oho zu halten!“

Auch außerhalb des Museums ist Passau im Dackelfieber. Da die von den Museumsinhabern zum Tag der Deutschen Einheit veranstaltete Dackelparade mit über 200 Dackeln so großen Anklang fand, wird diese Idee nun in Kooperation mit dem CityMarketing ausgebaut. Unter dem Motto „Passau daggelt sich auf“ findet zum einjährigen Jubiläum des Dackelmuseums am 8. April diesen Jahres ein verkaufsoffenes Wochenende im Zeichen des Dackels statt.

Nach einem halben Jahr Dackelwahnsinn zieht Küblbeck das Fazit: „Die Leute kommen als Fremde hierher nach Passau und gehen als Freunde“. Das sei ein „Zeugnis dafür, wie gut dieses Museum den Leuten tut“.

Foto: Lena Langecker