UN-Klimakonferenz – Willkommen in der Realität

Paris, Dezember 2015. Erstmals in der Geschichte des Klimaschutzes verständigten sich 195 Länder im Rahmen der Conference of Parties 21, kurz COP21, auf ein allgemeines und rechtsverbindliches Klimaschutzübereinkommen. Dieses umfasst als wichtigstes Element einen Aktionsplan mit dem sich die Länder verpflichten, die Erderwärmung nach allen Möglichkeiten unter 2 Grad Celsius zu begrenzen. Vom 6. bis zum 17. November fand jetzt die 23. Klimakonferenz der United Nations statt. Vorsitz hatte der besonders vom Klimawandel bedrohte pazifische Inselstaat Fidschi. Auf was konnten sich die 27.000 Teilnehmer einigen?

Konzepte und Pläne, die zwei Jahre zuvor in Paris entwickelt worden waren, wirkten groß, wirkten strukturiert und vor allem realistisch. Heute sind von dieser Euphorie höchstens noch Fünkchen übrig. Auf der COP23 in Bonn, welche von den Fidschi-Inseln ausgetragen wurde, dominierte das Gefühl der Resignation. Und das hatte seine Gründe.

Folgenschwere Nichtteilnahmen
Von den 195 vorgelegten Klimaschutzplänen wurden bisher nur 169 ratifiziert. Viele Unterschriften wichtiger CO2-Giganten fehlen bei der Absegnung der Verträge noch, darunter auch die des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Zeitgleich spricht der Chef im Weißen Haus, Donald Trump, immer wieder von einem radikalen Ausstieg aus dem Programm. Die USA haben weltweit den zweitgrößten Anteil am CO2-Ausstoß hinter der Volksrepublik China. Eine vollständige Ablehnung des Programms würde drastische Folgen mit sich bringen.

Diesjährige Ziele
Im Mittelpunkt der 23. Konferenz standen vor allem bürokratische Einzelheiten, es ging also ums Kleingedruckte. Gemeinsam sollte eine Art Regelwerk entworfen werden, mit welchem einfacher überprüft werden kann, ob sich einzelne Staaten an das Pariser Abkommen halten. Karsten Sach, der Leiter der Klimaschutzpolitik im deutschen Bundesumweltministerium, sprach sogar von einem „Grundgesetz des Klimaschutzes“. Die Frage, ob dieses „Grundgesetz“ tatsächlich umsetzbar sein würde, erzeugte schon vor der Konferenz eine gewisse Skepsis. Auch weil es sich bei der Unterzeichnung des Regelwerks um eine intertemporäre Entscheidung handelt, zögern viele Staaten momentan noch. Die Kosten würden schließlich sofort anfallen während Ergebnisse nicht sofort sichtbar wären. Vor allem Donald Trump scheint diese Tatsache ein Dorn im Auge zu sein.

InsuResilience
Als weiterer Programmpunkt der Konferenz stand schon vorher die sogenannte „InsuResilience“ fest. Hierbei handelt es sich um ein von Deutschland entwickeltes Projekt welches armen Menschen aus Entwicklungsländern helfen soll, sich vor Auswirkungen des Klimawandels zu schützen. Insgesamt sollen durch die Initiative die Lebensumstände von 400 Millionen Menschen gesichert werden. Neben einigen Nationalstaaten und der Europäischen Union sind auch Organisationen aus der Zivilgesellschaft und Versicherungen an dem Projekt beteiligt, wie beispielsweise die Allianz AG. Ein schöner Nebeneffekt der „InsuResilience“ ist, dass in der Thematik Klimapolitik erstmals die wirtschaftlich starken G20 Mitglieder mit Entwicklungsländern ins Gespräch kommen und über eine gemeinsame Zukunft und Sicherung der Menschen beraten. Ob das Projekt tatsächlich so sinnvoll ist wie es zunächst erscheint ist jedoch fraglich. G20 Mitglieder könnten sich durch ihren Beitrag abgesichert fühlen und schnell vergessen, dass es für ansteigende Meeresspiegel oder Erdbeben mit folgenschweren Tsunamis keine vollständige Versicherung gibt.

Wenige Zusagen, viel Rhetorik
Auf der 23. COP wurde die „InsuResilience“ nun als erweitertes Bündnis präsentiert. Deutschland sagte dem Projekt 125 Millionen Dollar zu, im Ganzen stehen bereits 550 Millionen Dollar zur Verfügung. Insgesamt verlief die Konferenz jedoch eher schwammig. Viele Beiträge großer NGOs kritisierten den leichtsinnigen Umgang der Staaten mit der drohenden Klimakatastrophe, forderten von Deutschland beispielsweise den schnellen Kohleausstieg. Als es jedoch konkret wurde ersetzten Worte die eigentlich viel wichtigeren Zusagen. Angela Merkel sprach am vergangen Mittwoch von einer „Schicksalsfrage für die Menschheit“, den Kohleausstieg thematisierte sie jedoch nur in Nebensätzen – ganz ohne konkret zu werden.

Kurze Spannungsdichte mit Teilerfolg
Bereits vor der Bundeskanzlerin eröffneten UN-Generalsekretär António Guterres, der Premierminister der Fidschi-Inseln Frank Bainimarama und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den Höhepunkt der COP23 am vergangenen Mittwoch. Das sogenannte „High Level Segment“ wird auch als heiße Phase einer solchen Konferenz bezeichnet, da hier die wichtigen Entscheidungen getroffen werden. Tatsächlich bildete sich während und schon vor der COP23 eine Länderallianz für den Kohleausstieg, welche dann am vergangenen Donnerstag von Großbritannien und Kanada vorgestellt wurde. Unter anderem sind die Fidschi-Inseln, Frankreich, Finnland, Österreich, Neuseeland und einige US-Bundesstaaten Teil der sogenannten „Powering Past Coal Alliance“, welcher bisher 20 Länder angehören. Das gemeinsame Ziel: ein Ausstieg aus der Kohleenergie bis spätestens 2030.

Auswirkungen auf deutsche Regierungsbildung
Zeitgleich zur Klimakonferenz in Bonn wurde in Berlin weiter über eine mögliche und wohl derzeit alternativlose Jamaika-Koalition verhandelt und debattiert. Eine besonders essenzielle Streitfrage ist auch hier die Klimapolitik Deutschlands. Während die Grünen einen Kohleausstieg und die damit verbundene Teilnahme an der Länderallianz fordern, bremsen CDU, CSU und FDP diesen Prozess und weisen auf Jobs und Versorgungssicherheit hin. Die international auch als „Klimakanzlerin“ bekannte Angela Merkel steht deshalb scharf in der Kritik. NGOs und Aktivisten sprechen sich schon lange für einen Ausstieg aus und verweisen immer wieder auf die schwache Klimapolitik Merkels, welche zwar für wirtschaftliche Stabilität sorgt, die Umwelt jedoch weiter belastet. In Bonn hatten sie zahlreiche Möglichkeiten, ihre Kritik kundzutun.

Proteste für die Umwelt
Bereits vor der Klimakonferenz begannen in Bonn die ersten Demonstrationen. Rund 10 000 Aktivisten setzten sich hier gegen die Verstromung von Braunkohle ein und marschierten in einer friedlichen Bewegung durch die ehemalige Bundeshauptstadt. Auch während der Konferenz fanden immer wieder organisierte Proteste statt. Unter Mottos wie „Klima schützen -Kohle stoppen“ oder „Schluss mit dem faulen Zauber – wir treiben die bösen Geister des Klimawandels aus“ versammelten sich die Aktivisten und wollten mit ihren Worten und Bannern vor allem hochrangige Staatschefs erreichen. Ob ihnen dies gelingen konnte bleibt ungewiss. Sicher ist jedoch, dass in der internationalen Klimapolitik etwas geschehen muss. Die Beschlüsse aus Paris 2015 wurden als großer Erfolg gefeiert, bleiben ohne die richtigen und effektiven Umsetzungsmaßnahmen jedoch wirkungslos. Sollten sich die G2 des Klimawandels, China und die USA, weiterhin von einer Mitschuld freisprechen oder diese ignorieren, bleiben die Ziele aus Paris wohl unerreichbar. Auch in Deutschland stagnieren die CO2-Ausstöße seit 2015 jedoch, von einem Erfolg kann nicht die Rede sein. Aus der COP23 gehen mit der „InsuResilience“ und der „Powering Past Coal Alliance“ definitiv zwei wichtige Beschlüsse hervor. Jedoch sind auch diese Beschlüsse rein formell – und Unterschriften werden den Klimawandel nicht aufhalten.

Titelbild by Florian Reichelt and Lena Langendörfer

Bild Klimastreik: Copyright – Climate March and don’t nuke the climate COP23 by John Englart (Takver) (CC BY-SA 2.0)

Bild Angela Merkel: Copyright – Angela Merkel, Chancellor, Germany by Arno Mikkor (CC BY 2.0)